Prozess Leibstadt
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Titel

Verfügung UVEK

Datum

11.12.2024, 10:00

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Verfügung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK betreffend Gesuch um Durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Leibstadt.

Von

Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK

An

Gesuchstellende

alle vertreten durch RAin lic.iur. seraina schneider und/oder RA Martin Loo- ser, 8034 Zürichettlersuter Rechtsanwälte, Klausstrasse 43, Postfach 3062, 8034 Zürich,

gegen

Gesuchsgegnerin

Kernkraftwerk Leibstadt AG, 5325 Leibstadt

betreffend

Gesuch um Durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Leibstadt.

Seite 3

Sachverhalt

A Ausgangslage

Die Gesuchsgegnerin betreibt in der Gemeinde Leibstadt das Kernkraftwerk Leibstadt (nachfolgend: KKL). Am 19. Dezember 1975 wurde der Gesuchsgenerin vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) die erste Teilbaubewilligung für das KKL (nachfolgend: 1. Teilbaubewilligung KKL) erteilt. Am 14. April 1977 erteile das EVED der Gesuchsgegnerin die zweite Teilbaube- willigung für das KKL (nachfolgend: 2. Teilbaubewilligung KKL). Am 15. Februar 1984 wurde der Ge- suchsgegnerin eine unbefristete lnbetriebnahme- und Betriebsbewilligung (nachfolgend: Betriebsbewil- ligung KKL) erteilt. Am 15. Dezember 1984 nahm das KKL seinen kommerziellen Betrieb auf. Am 15. Dezember 2024 gehtdas KKL in den Langzeitbetrieb über, da es ab diesem Zeitpunkt mehr als 40 Jahre in Betrieb sein wird.

B Gesuch

Mit einem beim UVEK eingereichten Gesuch vom 26. Februar 2024 betreffend Durchführung einer Um-eltverträglichkeitsprufung (UVP) im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb bezüglich des KKL stellen die Gesuchstellenden folgende Anträge:

«1. Vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb sei für das Kernkraftwerk Leibstadt eine grenzüber- schreitende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

2. Eventualiter sei festzustellen, dass für den Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Leibstadt eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist, und es sei das entsprechende Verfahren so rasch als möglich durchzuführen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des UVEK bzw. der Kernkraftwerk Leibstadt AG.»

Zusätzlich stellen die Gesuchstellenden in ihrem Gesuch folgenden Verfahrensantrag:

«Über das vorliegende Gesuch sei zeitnah zu entscheiden.»

Die Gesuchstellenden begründen ihr Gesuch im Wesentlichen wie folgt: Das KKL werde ab Ende 2024 in den sogenannten Langzeitbetrieb (Betrieb über das 40. Betriebsjahr hinaus) übergehen. Als soge- nannte lifetime extension unterstehe der Langzeitbetrieb des KKL dem von der Schweiz ratifizierten Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprufung im grenzüberschreitenden Rahmen vom 25. Februar 1991 (Espoo-Übereinkommen; SR 0.814.06). Darüber hinaus falle der Langzeitbetrieb des KKL in den Anwendungsbereich des Übereinkommens über den Zugang zu lnformationen, die Öffentlich- keitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998 (Aarhus-Konvention; SR 0.814.07), welches die Schweiz ebenfalls ratifiziert habe. Beide Übereinkommen würden fär den Langzeitbetrieb des KKL eine Pflicht zur vorgängigen Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung statuieren. Diese völkerrechtliche Verpflichtung sei zum Schutze der Grundrechte gemäss Art. 2 bzw. Art. 8 der Konvention zum Schu2e der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; SR .101) direkt und individuell durchsetzbar. Vor diesem Hintergrund würden die Gesuchstellenden in ihrem Gesuch als unmittelbar betroffene Anwohnende vom zuständigen UVEK die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb fordern.

Mit dem Gesuch wurden neben den Vollmachten verschiedene Beilagen eingereicht.

C Erkundigung nach dem Verfahrensstand

Mit Schreiben vom 24. September 2024 erkundigten sich die Gesuchstellenden nach dem Verfahrensstand und dem Zeitpunkt des erwarteten Verfahrensabschlusses.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2024 informierte das Bundesamt für Energie (BFE) die Gesuchstellenden über den Verfahrensstand.

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Erwägungen

I Formelles

1 Zuständigkeit

Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember i968 (VwVG; SR 172.021) prüft die Behörde ihre Zuständigkeit von Amtes wegen. Die Gesuchstellenden beantragen die Durchführung einer UVP im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des KKL. Sie machen geltend, dass der Langzeitbetrieb im Lichte des Espoo-Übereinkommens und der Aarhus-Konvention als wesentlicheAbweichung von der Bau- bzw. Betriebsbewilligung gemäss Art' 65 Abs. 2 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003 (KEG; SR 732.1) und damit als bewilligungspflichtiger Vorgang zu qualifizieren sei. Die Gesuchstellenden beantragen somit in erster Linie die Durchführung eines Bau- bzw. Betriebsbewilligungsverfahrens gemäss Art. 49 ff. KEG, in deren Rahmen eine grenz- überschreitende UVP erfolgen soll.

Für den Entscheid in einem solchen Verfahren ist das UVEK zuständig (vgl. Art. 57 KEG). Zudem kann eine grenzüberschreitende UVP einzig in einem öffentlichen Verfahren gemäss Art. 49 ff. KEG durchge- firhrt werden. Ob ein solehes Verfahren durchzuführen ist, ist gemäss Art. 65 Abs. 5 Bst. b KEG vom UVEK zu entscheiden. Aufgrund des Ausgeführten ist das UVEK zuständig, das Gesuch der Gesuchstellenden zu beurteilen.

Die verfahrensleitende Behörde ist das BFE (vgl. Botschaft zum Kernenergiegesetz vom 28. Februar 2001, BBI 2001 2665, S. 2751 , Ziff .7.3.6.2).

2 Anwendbares Verfahren

Art. 64 Abs. 1 KEG legt fest, dass für andere Verfügungen gemäss KEG als jene nach dem 1.- 3. Ab- schnitt des 6. Kapitels des KEG das VwVG gilt. lm vorliegenden Fall handelt es sich um einen Anwen- dungsfallvon Art. 65 Abs. 5 Bst. b KEG, weswegen sich das Verfahren nach dem VwVG richtet.

3 Unterschriftsberechtigung

Gemäss Art. 49 Abs. 1 Bst. a des Regierungs- und Venrualtungsorganisationsgesetzes vom 21. Mäz 1997 (RVOG; SR 172.010) kann derVorsteherdes UVEKden Generalsekretäroderdessen Stellvertre- ter zur Untezeichnung von Verfügungen ermächtigen. Von dieser Befugnis hat der Departementsvor- steher mit Weisung vom 3. Januar 2023 Gebrauch gemacht.

4 Legitimation

Bei den Gesuchstellenden handelt es sich um Privatpersonen. Für das UVEK stellt sich die Frage, ob diese Privatpersonen überhaupt legitimiert sind, insbesondere gestützt auf das Espoo-Übereinkommen die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP zu verlangen, da sich das Espoo-Übereinkommen eigentlich an die Vertragsstaaten richtet und nicht an Private. Diese Frage braucht vorliegend jedoch nicht weiterverfolgt zu werden.

Die Gesuchstellenden 1 bis 11 leben in den Notfallschutzzonen 1 und 2 um das KKL (vgl. Art.3 der Verordnung vom 14: November 2018 über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen [NFSV; SR 732.331). Die Notfallschutzzone 1 umfasst das Gebiet um eine Kernanlage im Umkreis von 3 bis 5 Kilometer, in dem bei einem schweren Störfall eine Gefahr für die Bevölkerung entstehen kann, die Schutzmassnahmen sofort erforderlich macht (Art. 3 Abs. 1 Bst. a und Anhang 2 NFSV). Zumindest für Anwohner in diesem Gebiet ist gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Befugnis zur Teilnahme am Bewilligungsverfahren für ein Kernkraftwerk (KKW) anerkannt (vgl. BGE 140 ll 315, E. 5.1).

Die Gesuchstellenden 3, 7, 10 und 11 wohnen in der Gemeinde (geschwärzt), welche in der Notfall- schutzzone 1 im Umkreis von weniger als 5 Kilometer um das KKL liegt. Auf Grund des Ausgefuhrten sind die Gesuchstellenden 9,7, 10 und 11 auch im vorliegenden Verfahren legitimiert zur Einreichung des Gesuchs vom 26. Februar 2024. Da alle Gesuchstellenden gemeinsam auftreten und zumindest einige von ihnen ein genügendes Rechtsschutzinteresse aufweisen, kann vorliegend darauf vezichtet werden die Legitimation der übrigen Gesuchstellenden zu prüfen (vgl. BGE 14011 315, E. 5.1).

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5 Eintreten

Nach dem Gesagten ist auf das Gesuch der Gesuchstellenden vom 26. Februar 2024 betretfend Durchführung einer UVP im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb bezüglich des KKL einzutreten.

ll Materielles

6 Ausgangslage

Der Bewilligungsinhaber eines KKW muss alle zehn Jahre eine umfassende Sicherheitsirberprüfung, die sogenannte Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ), durchführen (vgl. Art. 34 der Kernenergiever- ordnuhg vom 10. Dezember 200a [KEV; SR 732.111). Ziel ist die ganzheitliche sicherheitstechnische Beurteilung des KKW durch den Betreiber. Dabei wird insbesondere der Zustand des KKW am Stand von Wissenschaft und Technik gemessen und eine Überprüfung der Gefährdungsannahmen bzw. der Auslegung der Anlage vorgenommen. Gestützt auf Art. 22 Abs.2 Bst. g KEG ist anhand der vorgenom- menen Prüfungen die Notwendigkeit von Nachrüstmassnahmen zu bewerten. Nach Einreichung der PSÜ verfasst das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) eine ausführliche sicherheits- technische Stellungnahme, die eine unabhängige Prüfung und Beurteilung der vom Betreiber einge- reichten Unterlagen sowie eigene Erkenntnisse beinhaltet. Anhand dieser Beurteilung prüft das ENSI, ob Nachrüstmassnahmen notwendig oder angemessen sind. Gegebenenfalls verlangt das ENSI in sei- ner sicherheitstechnischen Stellungnahme entsprechende Massnahmen und nimmt Stellung zu Sicherheit und Zuverlässigkeit des weiteren Betriebs.

Für die Zeit nach dem vierten Betriebsjahzehnt hat der Bewilligungsinhaber eines KKW als Bestandteil der PSÜ zusätzlich einen Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb einzureichen (vgl. Art. 34 Abs. 4 i. V. m. 34a KEV). Darin hat er insbesondere dazulegen, wie lange er das KKW zu betreiben plant und dass die Auslegungsgrenzen der sicherheitstechnisch relevanten Anlageteile während dieser Dauer nicht erreicht werden. Zudem sind die vorgesehen Nachrüstungen sowie die technischen oder organisatorischen Verbesserungsmassnahmen auzulisten.

Die aktuelle PSÜ betreffend das KKL reichte die Gesuchsgegnerin Ende 2022 ein. Das ENSI schloss die Grobprüfung dieser PSÜ im August 2023 ab und übermittelte dem KKL die Ergebnisse in Form einer Stellungnahme. Die in dieser Stellungnahme enthaltenen Nachforderungen bearbeitete die Gesuchsgegnerin fristgerecht. lnzwischen sind alle Forderungen des ENSI aus der Grobprufung beantwortet. Die Beurteilung der von der Gesuchsgegnerin eingereichten Dokumente erfolgt im Rahmen der sicherheits- technischen Stellungnahme des ENSI zur PSÜ. Diese sicherheitstechnische Stellungnahme wird vom ENSI voraussichtlich Ende 2025 fertiggestellt. Die nächste PSÜ betreffend das KKL ist für 2032 geplant.

7 Anwendbarkeit von Art. 8 EMRK auf den Langzeitbetrieb des KKL

7.1 Vorbemerkungen

Die EMRK ist am 28. November 1974 für die Schweiz in Kraft getreten. Diese Konvention gewährleistet in den Art. 2 bis 14 Grundrechte, die in thematischer Hinsicht weitgehend den Freiheitsrechten und Ver- fahrensgarantien der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) entsprechen. lnsbesondere wird in Art. 2 der EMRK das Recht auf Leben gewährleistet und in Art. B EMRK das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Die materiellen Konventi- onsbestimmungen sind wie Grundrechte der BV unmittelbar anwendbar. Sie verpflichten Gesetzgeber, Gerichte und Venrvaltungen in Bund und Kantonen, und der Einzelne kann sich direkt auf diese Normen berufen (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundestaatsrecht, 2016, 9. Aufl., Rz. 235).

7.2 Vorbringen der Gesuchstellenden

Die Gesuchstellenden stützen sich zur Begründung ihres Gesuchs um Durchführung einer UVP im grenzüberschreitenden Rahmen fui den Langzeitbetrieb des KKL insbesondere auf Art. 8 EMRK (Ziff. 3.1.1 des Gesuchs). Sie bringen diesbezüglich vor, dass zu den durch Art. 8 EMRK garantierten verfah- rensrechtlichen Schutzpflichten namentlich die Pflicht zur Durchfuhrung einer UVP im Vörfeld einer potenziell umweltgefährdenden Aktivität zähle.

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Gemäss der Rechtsprechung des Europäisihen Gerichts- hofes für Menschenrechte (EGMR) sei der Staat bei Bestehen eines ernsten und substanziellen Risikos für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen verpflichtet, dieses Risiko vorgängig im Rahmen einer UVP zu evaluieren und abzuschätzen und gegebenenfalls geeignete Schutzmassnahmen zu ergreifen. Den Betroffenen und der Öffenilichkeit kämen dabei verschiedene lnformations- und Beteiligungsrechte zu, namentlich das Recht auf Anhörung und auf Veröffentlichung des UVB. Darüber hinaus sei ein umfassender Zugang zum Gericht zu gewährleisten. Bei der Auslegung und Anwendung der positiven schutzpflichten im konkreten Einzelfall stütze sich der EGMR massgeblich auf die Normen des Umweltvölkerrechts. So enthielten namenflich das Espoo-Übereinkommen und die Aarhus-Konventidn grundlegende verfahrensrechfliche Garantien, die zum schutz bzw. zur Verwirklichung der aus Art. 8 EMRK fliessenden lndividualrechte von den rechtsanwendenden Behörden zu beachten und umzusetzen seien.

7.3 Anwendbarkeit von Art. 8 EMRK auf den Langzeitbetrieb des KKL

Wie die Gesuchstellenden in ihrem Gesuch zutreffend vorbringen, ist der staat gemäss der Rechtsprechung des EGMR bei Bestehen eines ernsten und substanziellen Risikos für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen gestützt auf Art. 8 EMRK verpflichtet, dieses Risiko vorgängig im Rahmen einer UVP zu evaluieren und äbzuschätzen und gegebenenfalls geeignete Schutzmassnahmen zu ergreifen. Bei der prüfung, ob ein Risiko vorgängig im Rahmen einer UVP zu evaluieren und abzuschätzen ist, stützt sich der EGMR massgeblich auf die Normen des Umweltvölkerrechts, wie das Espoo-Übereinkommen oder die Aarhus-Konvention (vgl. EGMR, Entscheid Tatar gegen Rumänien, Beschwerde Nr. 67021/01, Rz. 107 ff.)

Es ist somit festzuhalten, dass ein Anspruch aus Art. 8 EMRK auf Durchführung einer UVP im grenzüberscnreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des KKL nur dann besteht, wenn sich ein solcher Anspruch aus den Normen des Umweltvölkerrechts ergibt. Die Gesuchstellenden berufen sich in ihrem Gesuch auf das Espoo-Übereinkommen sowie die Aarhus-Konvention.

lm vorliegenden Fall ist daher nachfolgend zu prüfen, ob sich ein Anspruch auf Durchführung einer UVP im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des KKL aus dem Espoo-Übereinkommen und/oder der Aarhus-Konvention ergibt.

8 Anwendbarkeit des Espoo-Übereinkommens auf den Langzeitbetrieb des KKL

8.1 Vorbemerkungen

Das Espoo-übereinkommen wurde von der Schweiz am 16. September 1996 ratifiziert und ist für die Schweiz am 10. September 1997 in Kraft getreten. Das Espoo-Übereinkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die Umweltauswirkungen von Vorhaben auf benachbarte Länder zu prüfen. Zudem stellt es sicher, dass die betroffenen Nachbarländer über die möglichen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen eines projektes informiert und dazu angehört werden. Die Schweiz hat das Espoo-Übereinkommen soweit erforderlich im Schweizer Recht umgesetzt.

lm Dezember 2020 wurde die Guidance on the applicability of the Convention to the lifetime extension of nuclear power plants (nachfotgend: Guidance) von den Vertragsparteien verabschiedet. Der Zweck der Guidance ist es, zu klären, ob und unter welchen Umständen eine Verlängerung der Laufzeit von KKW eine grenzüberschreitende UVP gemäss dem Espoo-Übereinkommen erfordert (vgl. Ziff. 1 der Guidance).

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Guidance für die Vertragsstaaten des Espoo-Übereinkommens nicht verbindlich ist, sondern lediglich eine Leitlinie bzw. eine Orientierungshilfe bei der Anwendung des Espoo-Übereinkommens darstellt. Diese Orientierungshilfe kann den Anwendungsbereich des Espoo-Übereinkommens nicht ausdehnen.

8.2 Vorbringen der Gesuchstellenden

Die Gesuchstellenden bringen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 im Wesentlichen Folgendes vor (Ziff. 3.1.2 des Gesuchs): Das Espoo-Übereinkommen verpflichte die Vertragsstaaten, einzeln oder gemeinsam alle zweckmässigen und wirksamen Massnahmen zur Verhütung.

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Reduzierung und Bewältigung von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens zu ergreifen. Zu diesem Zweck hätten die Vertragsparteien bei den im Anhang I des Espoo-Übereinkommens aufge- führten Vorhaben, die wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge haben, ein innerstaatliches Verfahren zur Beurteilung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens zu schaffen, das eine Beteiligung der Öffentlichkeit sowie die Ausarbeitung der in Anhang ll des Übereinkommens beschriebenen Dokumentation zur UVP gestatte. Die Partei, in deren Zuständigkeitsbereich ein solches Vorhaben geplant sei (Ursprungspartei) habe sicherzustellen, dass eine UVP entsprechend dem Übereinkommen durchgeführt werde, bevor über die Genehmigung oder Durchfirh- rung des Vorhabens entschieden werde. Sämtliche betroffene Parteien seien von der Ursprungspartei sodann rechtzeitig und umfassend über das Vorhaben in Kenntnis zu setzen.

Zu den UVP-pflichtigen Vorhaben würden namentlich KKW zählen. Erfasst seien nicht nur neue Projekte, sondern auch alle grösseren Änderungen einer Anlage, die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren unterliegen. lm Dezember 2020 sei die Guidance von den Vertragsparteien, darunter auch die Schweiz, verabschiedet worden. Die Guidance solle die Vertragsstaaten bei der Entscheidung unterstützen, ob für eine geplante lifetime extension eines KKW eine grenzüberschreitende UVP nach Massgabe des Übereinkommens erforderlich sei.

Der Langzeitbetrieb des KKL erfülle sämtliche Anforderungen, die im Sinne der neuen Guidance eine Unterstellung unter das Espoo-Übereinkommen und damit eine UVP implizieren. Beim Langzeitbetrieb des KKL handle es sich um eine lifetime extension, die als wesentliche Änderung einer Anlage der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach dem geltenden innerstaatlichen Recht unterliege und wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge habe. Damit bestehe für die Schweiz eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb, an der die Öffentlichkeit umfassend und wirksam zu beteiligen sei. Zu diesem Zweck habe die Schweiz die betroffenen Nachbarstaaten rechtzeitig über den geplanten Langzeitbetrieb in Kenntnis zu setzen und der Öffentlichkeit in den voraussichtlich betroffenen Gebieten Gelegenheit zu geben, bei der UVP mitzuwirken. Die Öffentlichkeit müsse die Möglichkeit haben, zum Vorhaben Stellung zu nehmen und Einwände vozubringen. Vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb habe sich die Schweiz mit den betroffenen Staaten namentlich über mögliche Alternativen zum Langzeitbetrieb, einschliesslich des Vezichts auf den Langzeitbetrieb, sowie über mögliche Mass- nahmen zur Abschwächung der Umweltauswirkungen und zur Übenrvachung der Folgen solcher Mass- nahmen zu beraten. Beim endgültigen «Entscheid» über den Langzeitbetrieb seien das Ergebnis der UVP, einschliesslich der Dokumentation zur UVP, sowie die eingegangenen Stellungnahmen und Einwände der Öffentlichkeit und das Ergebnis der Beratung mit den betroffenen Nachbarstaaten angemessen zu berücksichtigen.

8.3 Prüfung, ob das Espoo-Übereinkommen auf den Langzeitbetrieb des KKL anwendbar ist

8.3.1 Vorbemerkungen

Nachfolgend ist zu prüfen, ob der Langzeitbetrieb des KKL ein Vorhaben darstellt, für das gemäss dem Espoo-Übereinkommen eine grenzüberschreitende UVP durchzuführen ist. Bei dieser Prirfung ist insbe- sondere die Guidance zu berücksichtigen. lnZiff. 24 der Guidance wird festgehalten, dass lediglich dann eine grenzüberschreitende UVP durchzufuhren ist, wenn die Voraussetzungen gemäss den Kapitel ll bis V der Guidance erfüllt sind. Nachfolgend ist daher zu prüfen, ob der Langzeitbetrieb des KKL die Voraussetzungen gemäss den Kapiteln ll bis V der Guidance erfüllen.

8.3.2 Kapitel ll der Guidance: Iifetime extension

lm Kapitel ll der Guidance wird dargele.gt, was unter einer tifetime extension zu verstehen ist. ln der Guidance gibt es keine Definition von tifetime extensio,n und anders als in der Schweiz wird auch nicht zwischen lifetime extension (Laufzeitverlängerung) und Langzeitbetrieb unterschieden. lm Abschnitt C. von Kapitel ll der Guidance werden firnf Situationen beschrieben, die als lifetime extensions verstanden werden können. Diese Auflistung ist nicht abschliessend.

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Die Gesuchstellenden bringen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 vor, dass betreffend das KKL die im Abschnitt C. von Kapitel ll der Guidance erwähnten Situationen zwei und drei erfüllt seien (Ziff. 3.1.2.1 des Gesuchs). Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die situation zwei nicht erfüllt ist, zumal beim KKL aktuell keine nicht ersetzbaren Strukturen, Systeme und Komponenten die Lebensdauer erreicht haben und somit auch nicht nachgerüstet werden milssen. Zudem erfolgte entgegen der Ansicht der Gesuch- stellenden im Rahmen deJ sicnerneitsnachweises für den Langzeitbetrieb, den die Gesuchsgegnerin betreffend das KKL Ende 2022 dem ENSI als Bestandteil der PSÜ eingereicht hat, keine spezifische umfassende Wiederholungsprüfung aller nicht ersetzbarer sicherheitskritischer Systeme, Strukturen, Komponenten. Die PSÜ inklusive des Sicherheitsnachweises für den Langzeitbetrieb dient der laufenden Aufsichtstätigkeit des ENSI.

Die situation drei im Abschnitt c. von Kapitel ll der Guidance ist entgegen der Ansicht der Gesuchstel- lenden ebenfalls nicht erfüllt, da der Sicherheitsnachweises fur den Langzeitbetrieb nicht einem Entscheidfindungsprozess über eine mögliche Verlängerung der Betriebsdauer dient. Vielmehr hat der Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb die Aufgabe nachzuweisen, dass das KKW für die vorgesehene Betriebsdauer sicher betrieben werden kann.

Auch die im Abschnitt C. von Kapitel ll der Guidance erwähnten Situationen eins, vier und fünf sind offensichflich nicht erfüllt. Beim KKL liegt somit keine mit einer Erneuerung bzw. Verlängerung einer befristeten Bewilligung vergleichbare situation vor. Entgegen den Vorbringen der Gesuchstellenden ist daher festzuhalten, dass es sich beim Langzeitbetrieb des KKL nicht um eine lifetime extension gemäss der Guidance handelt. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Guidance davon ausgeht, dass die Lebensdauer eines KKW nicht notwendigerweise eine lifetime extension beinhaltet (vgl. beispielsweise die Ziff .85 der Guidance).

8.3.3 Kapitel lll der Guidance: grössere Änderung einer Anlage

8.3.3. 1 Vorbemerkungen:

Das Espoo-übereinkommen findet Anwendung auf Vorhaben, welche in Art. 1 (v) des Übereinkommens wie folgt definiert sind: «"Vorhaben" bedeutet jedes Projekt oder jede grössere Änderung einer Anlage, das oder die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Ver- fahren unterliegt.» Eine lifetime extension kann entweder ein neues Projekt sein oder eine grössere Änderung einer bestehenden Anlage. ln beiden Fällen ist das Vorhaben der Betrieb eines KKW (vgl. Ziff. 37 der Guidance). Stellt eine lifetime extension weder ein neues Projekt dar noch eine grössere Änderung einer bestehenden Anlage, stellt diese lifetime extension auch kein Vorhaben dar, auf welches das Espoo-Übereinkommen Anwendung findet.

Das Espoo-übereinkommen definiert weder den Begriff jede grössere Änderung einer Anlage (englisch: major change to an activity) noch enthält es Beispiele von relevanten Änderungen. Die Guidance beschreibt in Kapitel lll moglich Änderungen im Zusammenhang mit lifetime extensions von KKW, die als major change to an existing aactivity entsprechend dem Espoo-Übereinkommen beurteilt werden können (vgl. die Zilf. 40 ff. der Guidance).

8.3.3.2 Vorbringen der Gesuchstellenden betreffend multiple minor changes:

Die Gesuchstellenden machen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 geltend, dass der Langzeitbetrieb als major change to an activity zu beurteilen sei. Dies einerseits deshalb, da seit der lnbetriebnahme des KKL im Jahre 1984 rund CHF 1,5 Mrd. in die Modernisierung und Instandhaltung der Anlage geflossen seien. Es seien multiple minor changes (Deutsch: mehrere geringfügige Änderungen) an der vorgenommen worden. Soweit technisch möglich seien die wesentlichen Grosskomponenten in den letzten 11 Jahren ersetzt oder erneuert worden. Wie die Gesuchsgegnerin als Betreiberin des KKL verschiedentlich kommuniziert habe, solle mit den lnvestitionen in die Modernisierung und lnstandhaltung der Anlage sichergestellt werden, dass das KKL auch in Zukunft, im Hinblick auf den angestrebten Langzeitbetrieb von 60 oder mehr Jahren bis mindestens 2045, die Anforderungen an die Sicherheit und wirtschaftlichkeit erfüllen kann. Diese Modernisierungen und die laufende lnstandhaltung seien die Grundlage dafür, dass das KKL auch langfristig sicher und zuverlässig Strom produzieren könne. Daraus werde deuilich, dass die im Gesuch aufgeführten multiple minor changes allesamt auf einem einheitlichen Planungsbeschluss beruhen und in der erkennbaren Absicht erfolgt seien, die Betriebsdauer des KKL über 40 Jahre hinaus zu verlängern.

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Damit bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen den multiple minor changes und dem Langzeitbetrieb des KKL - verstanden als lifetime extension -, womit gemäss Ziff. 51 der Guidance das Vorliegen eines major change to an activity im Sinne des Espoo-Übereinkommens zu bejahen sei (vgl. dieZiff.3.1.2.3 des Gesuchs).

Diesbezüglich hält das UVEK Folgendes fest:

Laut Ziff. 51 der Guidance kann eine tifetime extensionverbunden mit muttipte minor changes auf einen major change to an activity hinauslaufen, wenn eine konkrete Verbindung zwischen den multiple minor changes und der lifetime extension besteht, die zeigt, dass die minor changes Teil eines zusammenhängenden Vorhabens sind, das das Zielverfolgt, die Laufeit des KKW zu verlängern. Am Ende von Ziff. 51 der Guidance wird in einer Fussnote festgehalten, dass die Ziff. 43 der Guidance auf den Fall von Ziff . 51 entsprechend anzuwenden ist.

ln Ziff. 43 der Guidance wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Änderungen, die von der zugrun- deliegenden Betriebsbewilligung abgedeckt sind, keine Anwendung des Espoo-Übereinkommens auslösen, da das Übereinkommen nicht rückwirkend angewendet wird. Dies könne aus Art. 2 Abs. 3 des Übereinkommens abgeleitet werden, der verlange, dass eine UVP entsprechend diesem Übereinkommen durchgeführt werde, bevor über die Genehmigung oder Durchführung entschieden wird (vgl. die Ziff . 43 der Guidance). Nach Ansicht des UVEK muss das in Ziff. 43 der Guidance Gesagte aufgrund von Art. 2 Abs. 3 des Espoo-Übereinkommens auch für Änderungen gelten, die von der zugrundeliegen- den Baubewilligung abgedeckt sind. Auch solche Änderungen lösen keine Anwendung des Espoo-Übereinkommens aus.

Die von den Gesuchstellenden in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 erwähnten multiple minor changes, welche die Gesuchsgegnerin seit dem Jahre 2010 am KKL vorgenommen hat, sind alle von der 1. oder 2. Teilbaubewilligung KKL bzw. der Betriebsbewilligung KKL abgedeckt. Zwar wurden diese mul- tipte minor changes vom ENSI mit Freigabe gesttrtzt auf Art. 65 Abs. 3 KEG bewilligt. Diese Freigaben des ENSI sind jedoch gesetzlich vorgesehen und allesamt von der 1. oder 2. Teilbaubewilligung KKL bzw. der Betriebsbewilligung KKL abgedeckt. Die von den Gesuchstellenden in ihrem Gesuch erwähnten multipte minor changes, welche die Gesuchsgegnerin seit dem Jahre 2010 am KKL vorgenommen hat, lösen deshalb schon aus diesem Grund keine Anwendung des Espoo-Übereinkommens aus.

lm Weiteren ist auf Folgendes hinzuweisen: Gemäss Ziff. 51 der Guidance müssen die vorgenommenen minor changes Teil eines zusammenhängenden Vorhabens sein, welches das Ziel verfolgt, die Laufzeit des KKW zu verlängern. Die von den Gesuchstellenden in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 erwähnten multiple minor changes, welche die Gesuchsgegnerin seit dem Jahre 2010 am KKL vorgenommen hat, betreffen ganz verschiedene Bereiche des KKL. Diese Modernisierungen und lnstandhaltungen stel- len daher nicht Teil eines zusammenhängenden Vorhabens dar, sondern sind das Resultat davon, dass die Gesuchsgegnerin das KKL zu unterhalten und nachzurüsten hat (vgl. Art. 22 Abs. 2 Bst. c. und g. KEG).

Entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden liegt beim KKL somit gerade kein Fall von Ziff. 51 der Guidance vor. Nur diese Beurteilung ist mit Ziff. 43 der Guidance vereinbar, wonach Änderungen, die von der zugrundeliegenden Betriebsbewilligung abgedeckt sind, keine Anwendung des Espoo-Überein- kommens auslösen, da das Übereinkommen nicht rückwirkend angewendet wird (vgl. vorne).

8.3.3.3 Vorbringen der Gesuchstellenden betreffend Veränderung der äusseren Gegebenheiten:

Die Gesuchstellenden machen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 zudem geltend, dass der Langzeitbetrieb des KKL auch deshalb als major change to an activity zu beurteilen sei, da sich seit der lnbetriebnahme des KKL im Jahre 1984 die äusseren Gegebenheiten und die betrieblichen Rahmenbedingungen wesentlich geändert hätten. Von Bedeutung sei namentlich der gegenwärtige, menschenverursachte Klimawandel, der die Häufigkeit und lntensität der meteorologisch bedingten Einwirkungen (Starkregen, Sturm, Trockenheit etc.) gegenüber den bei der lnbetriebnahme angenommenen Entwicklungen deutlich verstärkte. Zu erwähnen sei sodann die geänderte Ausgangslage hinsichtlich zivilisatorisch bedingter Einwirkungen (Flugzeugabstürze, terroristische Angriffe etc.). Die seit der Bewilligungserteilung erfolgten massgeblichen Veränderungen der Umweltbedingungen und die dadurch bedingten Anpassungen bei den erförderlichen sicherheitsstandards würden gemäss Ziff. 49 der Guidance im vorliegenden Kontext einen major change to an activity implizieren.

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Ein solcher sei umso mehr zu bejahen, als beim KKL weder im Hinblick auf seine Erstellung bzw. lnbetriebnahme noch zu einem späteren Zeitpunkt eine UVP stattgefunden habe. Die Umweltverträglichkeit des KKL sei somit bis anhin nie geprüft worden, schon gar nicht in einem grenzüberschreitenden Rahmen mit Öffentlichkeitsbeteiligung.

Diesbezüglich hält das UVEK Folgendes fest:

Gemäss Ziff. 49 der Guidance können im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlängerung der Lebensdauer die veränderte Umwelt je nach Art und Ausmass einen Faktor darstellen, der darauf hindeu- tet, dass die Änderung der wahrscheinlichen Auswirkungen der ggplanten Tätigkeit als solche als major change to an activity eingestuft werden kann.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass beim KKL deshalb keine UVP durchgeführt wurde, da eine solche beim Bau des KKL noch nicht vorgesehen war. Erst seit dem 1. Januar 1989 ist in der Schweiz vorgeschrieben, dass vor der Errichtung grosser, umweltrelevanter Anlagen eine UVP durchzufirhren ist. Entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden ist zudem darauf hinzuweisen, dass auch ohne diese Verpflichtungen vor der Erteilung der 1. oder 2. Teilbaubewilligung KKL bzw. der Betriebsbewilligung KKL von den Behörden geprüft wurde, ob das KKL umweltverträglich ist (vgl. Art. 7 des aufgehobenen Bundesgesetzes über die friedliche Verwendung der Atomenergie vom 23. Dezember 1959 [AtG; SR 732.0]).

lm Weiteren ist zu bemerken, dass sich entgegen der Behauptung der Gesuchstellenden seit der lnbe- triebnahme des KKL die Umweltbedingungen bzw. Rahmenbedingungen nicht derart verändert haben, dass sie einen Faktor darstellen, der darauf hindeutet, dass die Änderung der wahrscheinlichen Auswirkungen des Langzeitbetriebs des KKL als solche als maior change to an activity eingestuft werden kann. Dies gilt insbesondere firr die von den Gesuchstellenden erwähnte Klimaerwärmung. Soweit es zutrifft, dass seit der lnbetriebnahme des KKL eine Klimaerwärmung stattgefunden hat, ist diese vergleichsweise geringfügig und hat kaum Auswirkungen auf den Betrieb des KKL, zumal das KKL über einen Klthlturm verfügt. Zudem mussten die KKW im Sommer 2022 nachweisen, dass sie erhöhten Lufttemperaturen von über 40°C standhalten[1].

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Langzeitbetrieb des KKL entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden auch gemäss dem Kapitel lll der Guidance kein major change to an activity darstellt. An dieser Einschätzung vermag auch das von den Gesuchstellenden eingereichte Rechtsgutachten («La soumission à étude d'impact environmental transfrontioère du prolongement de la durée de vie des réacteurs nucleaires francais) vom 26. Juli 2023 nichts zu ändern, zumal sich dieses Rechtsgutachten lediglich auf die französischen KKW bezieht.

8.3.4 Kapitel lV der Guidance: voraussichtlich erhebtiche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen

Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens bestimmt, dass zur Gewährleistung angemessener und sach- dienlicher Beratungen entsprechend Art. 5 des Übereinkommens die Ursprungspartei bei einem in An- hang I aufgeführten Vorhaben, das yoraussichttich erhebtiche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen haf, jede ihres Erachtens möglichenrveise betroffene Partei so bald wie möglich benachrichtigt, spätestens aber zum Zeitpunkt der lnformation ihrer eigenen Öffentlichkeit über das Vorhaben.

lm Kapitel lV der Guidance wird dargelegt, was unter voraussichttich erhebliche, grenzüberschreitende nachteitige Auswirkungen hat (Englisch: likely to cause a significant adverse transboundary impact) zu verstehen ist. Likely in der deutschen Übersetzung des Espoo-Übereinkommens einmal mit voraussichttich (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens) und einmal mit wahrscheinlich (vgl. Art. 1 (iii) des Espoo-Übereinkommens) übersetzt. Es ist davon auszugehen, dass diese Begriffe im Übereinkommen synonym venrvendet werden.

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Die Gesuchstellenden bringen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 vor, dass die Guidance deutlich mache, dass im Zusammenhang mit einer lifetime extension grundsätzlich dieselben Umweltauswirkungen zu berücksichtigen seien wie bei der lnbetriebnahme des KKW. Massgeblich seien dabei nicht nur die Auswirkungen, die aus dem Normalbetrieb resultieren, sondern auch solche aufgrund von Störfällen (sowohl Auslegungsstörfälle als auch auslegungsirberschreitende Störfälle) erfasst. lm Lichte des Vorsorgeprinzips sei bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen von lifetime exfenslons ein strenger Massstab anzulegen. Als wahrscheintich seien.demnach alle Szenarien bzw. Auswirkungen zu bezeichnen, die von der zuständigen Behörde nicht geradezu ausgeschlossen werden können. Beim Betrieb von KKW seien sowohl der grenzüberschreitende Kontext als auch die Kriterien Erheblichkeit und Schädlichkeit der Auswirkungen regelmässig zu bejahen. Die Gesuchstellenden machen in ihrem Gesuch zudem geltend, dass sich wahrschein- lich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen vor allem aufgrund von nuklearen Risiken ergäben, die aus der physischen Alterung des KKL und des im Vergleich zu aktuellen Sicherheitsanforderungen veralteten Sicherheitskonzepts resultieren, weiter aufgrund von nuklearen Risiken des Langzeitbetriebs im Lichte geänderter Gefährdungsannahmen sowie aus nuklearen Risiken des Lang- zeitbetriebs aufgrund ungenügender Auslegung gegen terroristische Angriffe (vgl. die Ziff. 3.1.2.5 des Gesuchs).

Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens findet auf ein Vorhaben nur dann das Espoo-Über- einkommen Anwendung, wenn dieses Vorhaben voraussichtlich bzw. wahrscheinlich erhebliche, grcnz- überschreitende nachteilige Auswirkungen hat. Voraussichttich bzw. wahrscheintich bedeutet, dass eine erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkung nicht nur sehr unwahrscheinlich sein darf, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten muss. Aus der Guidance geht entgegen den Vor- bringen der Gesuchstellenden nicht klar hervor, dass diese Auslegung von Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens betreffend voraussichtlich bzw. wahrscheinlich nicht zutreffend ist. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, ist festzuhalten, dass die Guidance für die Vertragsstaaten des Espoo-Übereinkommens nicht verbindlich ist, sondern lediglich eine Leitlinie bzw. eine Orientierungshilfe bei der Anwendung des Espoo-Übereinkommens darstellt. Diese Orientierungshilfe kann den Anwendungsbereich des Espoo-Übereinkommens nicht ausdehnen.

Entgegen der Annahme der Gesuchstellenden ergeben sich aus der physischen Alterung des KKL keine nuklearen Risiken, die wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge haben, zumal das KKL laufend nachgerüstet und gut unterhalten wird (vgl. insbesondere Art. 22 Abs. 2 Bst. c. und g. KEG). Auch die anderen von den Gesuchstellenden in ihrem Gesuch erwähnten nuklearen Risiken und Auswirkungen aufgrund des Langzeitbetriebs haben keine wahrscheinlich erheblichen, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Langzeitbetrieb des KKL entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden voraussichtlich keine erheblichen, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen i. S. v. Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens hat.

8.3.5 Kapitel V der Guidance: Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren

Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens i. V. m. Art. 1 (v) des Übereinkommens findet das Übereinkommen nur auf Vorhaben Anwendung, die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren unterliegen (Englisch: subject to a decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure).

lm Kapitel V der Guidance wird dargelegt, was unter einer Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren zu verstehen ist.

Die Gesuchstellenden bringen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 im Wesentlichen vor, dass die Guidance deutlich mache, dass es sich bei der im Zusammenhang mit einer lifetime extension erforderlichen Entscheidung einer zuständigen Behörde bzw. beim entsprechenden Verfahren nicht um ein formelles (Bewilligungs-)Verfahren nach nationalem Recht handeln müsse. Entscheidend sei, ob eine hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen mit einer förmlichen Bewilligung vergleichbare Anordnung vorliege. Kontrollen im Rahmen der Aufsicht oder einer PSÜ würden die Kriterien einer Enfscheidung in der Regel nicht erfüllen, weil damit keine Rechte und Pflichten der Betreiberin begründet werden.

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Werde der fortwährende Betrieb des KKW jedoch davon abhängig gemacht, dass die Erkenntnisse einer PSÜ und namenlich Forderungen zur Verbesserung der sicherheit umgesetzt werden, könnten die Kriterien einer Entscheidung erfüllt sein. lm Rahmen seiner sicherheitstechnischen stellungnahme zur PSÜ stelle das ENSI regelmässig zahlreiche Forderungen an die Kernkraftwerkbetreiber zwecks Verbesserung der si- cherheit auf, von deren Umsetzung der Weiterbetrieb des KKW abhänge. Solche Forderungen seien namenflich mit Blick auf den Langieitbetrieb umzusetzen. lnsbesondere dann, wenn der Sicherheits- nachweis für den Langzeitbetrieb äes KKL im Rahmen der vierten PSÜ zu freigabepflichtigen Änderungen im Sinne von Art. 40 KEV führe, liege damit klarerweise eine Enfscheidung einerzuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaailichen Verfahren vor. Aber auch ohne freigabepflichtige Änderungen werde mit der sicherheitstechnischen stellungnahme des ENSI bzw. den damit verbundenen sicherheitstechnischen Forderungen im Hinblick auf den Langzeitbetrieb das Vorliegen einer Entscheidung im Sinne der Guidance zu bejahen sein - unabhängig davon, ob für den Langzeitbetrieb eine Änderung der Bewiiligung nach dem Verständnis von Art. 65 Abs. 2 KEG erforderlich sei (vgl. die Ziff. 3.1.2.4 des Gesuchs).

Diesbezüglich hält das UVEK Folgendes fest:

Gemäss Ziff. 93 der Guidance sind Erkenntnisse im Zusammenhang mit einem KKW, die sich auf tägliche Betriebsabläufe beziehen, nicht als Entscheidungen im Sinne des Espoo-Übereinkommens zu betrachten. Ebenso sei eine spezifische Sicherheitsüberprüfung, wie z. B. eine regelmässige Sioherheitsüberprüfung; aufgrund ihrer Art und ihres Zwecks an sich keine Entscheidung im Sinne des Übereinkommens. Dasselbe gelte für alle Berichte und Erkenntnisse, die sich aus einer spezifischen Sicherheitsüberprufung ergeben können.

ln Ziff. 95 der Guidance steht Folgendes: Sowohl tägliche Betriebsabläufe als auch spezifische Sicherheitsüberprüfungen können mit einer Genehmigung einhergehen, die erteilt wird, um die Ergebnisse dieser überprufüng umzusetzen. Je nach Ergebnis kann die Genehmigung den Betreiber dazu verpflichten, vor der Fortsetzung des Betriebs oder paralle zum fortgesetzten Betrieb Sicherheitsverbesserungen in der Anlage vorzunehmen. ln einigen Ländern muss der Betreiber eine Genehmigung von der zuständigen Behorde erhalten, um nach der Überprufung den Betrieb fortsetzen zu dürfen. ln solchen Fällen kann diese Genehmigung die Kriterien einer Entscheidung erfüllen. Manchmal wird auch eine spezifische Sicherheitsüberprüfung zur Unterstützung des Entscheidungsprozesses für eine Lizenzverlängerung oder -erneuerung herangezogen. Es besteht jedoch kein systematischer Zusammenhang zwischen regelmässigen sicherheitsüberprüfungen und dem Genehmigungsverfahren.

Aus den soeben dargelegten Ziff. 93 und 95 der Guidance geht hervor, dass es sich bei der sicherheitstechnischen Stellungnahme des ENSI zu der von der Gesuchsgegnerin Ende 2022 eingereichten PSÜ entgegen der Behauptung der Gesuchstellenden um keine Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren handeln wird. Dies deshalb, da die sicherheitstechnische Stellungnahme des ENSI keine Bewilligung für den Weiterbetrieb des KKL darstellt. Zudem wird in der stellungnahme auch keine Genehmigung für die Umsetzung allfälliger Nachforderungen erteilt, die in derselben sicherheitstechnischen Stellungnahme erhoben werden. Die Gesuchsgegnerin benötigt nach der sicherheitstechnischen Stellungnahme des ENSI auch keine Genehmigung der zuständigen Behörde, um den Betrieb des KKL fortzusetzen, da diese Anlage über eine unbefristete Betriebsbewilligung verfügt.

Falls das ENSI in seiner sicherheitstechnischen stellungnahme zu der von der Gesuchsgegnerin Ende 2022 eingereichten PSÜ Nachrüstforderungen betreffend das KKL stöllen wird, kann sich allenfalls die Frage stellen, ob betreffend Projekte, die aus diesen Forderungen resultieren, eine grenzüberschrei- tende uVp durchzuführen ist oder nicht. Dies ist dann der Fall, wenn diese Projekte eine wesentliche Abweichung von der 1. und/oder 2. Teilbaubewilligung KKL gemäss Art. 65 Abs. 2 KEG darstellen und in einem öffenlichen Verfahren gemäss Art. 49 ff. KEG zu bewilligen sind. Handelt es sich bei diesen projekten jedoch nicht um wesentliche Abweichungen von der 1. und/oder 2. Teilbaubewilligung KKL gemäss Art. 65 Abs. 2 KEG, können diese projekte gestützt auf Art. 65 Abs. 3 KEG im Freigabeverfahren vom ENSI bewilligt werden. Betreffend Projekte, die im Freigabeverfahren bewilligt werden können, ist keine (grenzüberschreitende) UVP durchzuführen.

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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich bei der sicherheitstechnischen Stellungnahme des ENSI zu der von der Gesuchsgegnerin Ende 2022 eingereichten PSÜ um keine Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem gettenden innerstaattichen Vertahren gemäss Art. 1 (v) des Espoo- Übereinkommens handeln wird. Dies unabhängig davon, ob das ENSI in seiner sicherheitstechnischen Stellungnahme Nachrüstforderungen betreffend das KKL stellen wird oder nicht. Auch der Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb stellt offensichtlich keine Enfscheidung einer zuständigen Behörde nach ei- nem geltenden innerstaatlichen Verfahren gemäss Art. 1 (v) des Espoo-Übereinkommens dar. Die in Kapitel V des Espoo-Übereinkommens enrvähnte Voraussetzung für die Anwendung des Übereinkom- mens auf den Langzeitbetrieb des KKL ist somit ebenfalls nicht erfüllt.

8.3.6 Keine Anwendung des Espoo-Übereinkommens auf den Langzeitbetrieb des KKL

Entgegen den Vorbringen der Gesuchstellenden erfüllt der Langzeitbetrieb des KKL gemäss den Kapiteln ll bis V der Guidance nicht die Voraussetzungen für eine Anwendung des Espoo'Übereinkommens. Wie vorne in Erw. 8.3.2 dargelegt, handelt es sich beim Langzeitbetrieb des KKL nicht um eine lifetime extension i. S. v. Kapitel ll der Guidance. Zudem stellt der Langzeitbetrieb des KKL auch keine wesentliche Änderung des KKL dar, die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach dem geltenden innerstaatlichen Recht unterliegt. Schliesslich ist festzuhalten, dass der Langzeitbetrieb des KKL keine wahrscheinlich erheblichen, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen i. S. v. Art. 3 Abs. 1 des Espoo-Übereinkommens zur Folge hat.

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Schweiz der Guidance nur deshalb zugestimmt hat, weil diese zu keiner Anpassung der Schweizer Gesetze führt bzw. diese Guidance mit den Vorschriften im KEG konform ist. Es ist zu beachten, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu 21.3244 lnterpellation Kälin «Neue Espoo-Guideline. Umsetzung in der Schweiz» festgehalten hat, dass die Schweizer Gesetzgebung den Anforderungen der Guidance entspricht und keine Anpassungen daran vorgenommen werden müssen. Namentlich sieht das KEG nicht vor, dass bei KKW, die über eine unbefristete Betriebsbewilligung verfügen wie das KKL, vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb automatisch eine UVP durchzuführen ist.

Damit bestand für die Schweiz gestützt auf das Espoo-Übereinkommen auch keine völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mit den betroffenen Nachbarstaaten vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb.

9 Anwendbarkeit der Aarhus-Konvention auf den Langzeitbetrieb des KKL

9.1 Vorbemerkungen

Die Aarhus-Konvention wurde 1998 beschlossen, um die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Umweltschutz zu stärken und ist die erste internationale Vereinbarung, dank derer jede Person Rechte im Umweltschutz erhält. Sie regelt jedoch, im Gegensatz zur Espoo-Konvention, keine grenzüberschreitenden Fragen, sondern gibt den Vertragsstaaten Mindestvorgaben für das jeweilige Landesrecht vor. Die Aarhus-Konvention wurde von der Schweiz am 3. März 2014 ratitiziert und ist für die Schweiz am 1. Juni 2014 in Kraft getreten. Die Schweiz hat die Aarhus-Konvention soweit erforderlich im Schweizer Recht umgesetzt.

9.2 Vorbringen der Gesuchstellenden

Die Gesuchstellenden bringen in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 vor, däss gemäss Art. 6 Abs. 6 der Aarhus-Konvention der betroffenen Öffentlichkeit in einem umweltbezogenen Entscheidungsverfahren Zugang zu allen relevanten lnformationen zu gewährleisten sei, wozu namentlich eine Beschreibung der erheblichen Auswirkungen der geplanten Tätigkeit auf die Umwelt sowie eine Beschreibung der zur Vermeidung und/oder Verringerung der Auswirkungen vorgesehenen Massnahmen gehöre. Zu diesem Zweck sei vorgängig eine UVP durchzuführen. Art. 6 der Aarhus-Konvention finde Anwendung bei Entscheidungen über die in Anhang I der Konvention aufgeführten geplanten Tätigkeiten. Unter Anhang I fielen namentlich KKW und andere Kernreaktoren. Erfasst sei sodann jede Änderung oder Erweiterung von Tätigkeiten, wenn sie für sich betrachtet die Kriterien/Schwellenwerte im Anhang I erreiche. Wie im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des Espoo-Übereinkommens aufgezeigt, handle es sich beim Langzeitbetrieb des KKL völkerrechtlich betrachtet um eine wesentliche Änderung einer Anlage, die der Entscheidung einer zuständigen Behörde unterliege.

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Vor diesem Hintergrund und im Sinne des Grundsatzes der einheiflichen Rechtsanwendung sei der Langzeitbetrieb unter Art. 6 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Anhang I Ziff. 1 bzw. Ziff. 22 der Aarhus-Konvention zu subsumieren und folglich auch der UVP-Pflicht nach der Aarhus-Konvention zu unterstellen.

Die Gesuchstellenden führen in ihrem Gesuch weiter aus, dass die Anwendung von Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention zum gleichen Ergebnis führe, wonach bei einer durch eine Behörde vorgenommenen Üperprüfung oder Aktuatisierung der Betriebsbedingungen für eine in Art. 6 Abs. 1 der Konvention genannte Tätigkeit die Abs. 2-9 von Art. 6 sinngemäss und soweit dies angemessen ist Anwendung finden. Mit dem Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb im Rahmen der vierten PSÜ bzw. allfälligen sicherheitstechnischen Forderungen des ENSI oder gar freigabepflichtigen Änderungen gehe eine Überprüfung oder Aktualisierung der Betriebsbedingungen einher, die unter Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention zu subsumieren sei und die Einhaltung der in Art. 6 Abs. 2-9 der Konvention festgelegten Verfahrensgrundsätze erfordere. Nach dem Gesagten bestehe für den Langzeitbetrieb des KKL eine UVP-Pflicht auch nach Massgabe der Aarhus-Konvention. Die Schweiz sei völkerrechtlich zur Einhaltung der entsprechenden Verfahrensbestimmungen verpflichtet, worauf sich die betroffenen Gesuchstellenden zum Schutze ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) unmittelbar berufen könnten (vgl. die Ziff. 3.1.3 des Gesuchs).

9.3 Prüfung, ob die Aarhus-Konvention auf den Langzeitbetrieb des KKL anwendbar ist

Art. 6 der Aarhus-Konvention enthält Regelungen betreffend die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten. Gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. a der Aarhus-Konvention wendet jede Vertragspartei diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I der Konvention aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden. Unter Anhang I der Konvention fallen insbesondere KKW und andere Kernreaktoren einschliesslich der Demontage oder Stilllegung solcher Kraftwerke oder Reaktoren (vgl. Anhang I der Konvention, Zifl. 1, Spiegelstrich 5). Gemäss Ziff. 22 des Anhang I der Aarhus-Konvention unterliegt jede Änderung oder Erweiterung von Tätigkeiten Art. 6 Abs.. 1 Bst. a der Konvention, wenn sie für sich betrachtet die Kriterien/Schwellenwerte in diesem Anhang erreicht.

Einerseits ist festzuhalten, dass es sich beim Langzeitbetrieb des KKL entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden nicht um eine geptante Tätigkeit i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Anhang l, Ziff. 22 der Aarhus-Konvention handelt, da für eine solche Tätigkeit eine Änderung oder Enrveiterung einer Tätigkeit vorliegen muss. Der blosse Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb stellt gerade keine geplante Tätigkeit i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Anhalg l, Ziff. 22 der Aarhus-Konvention dar.

Andererseits fehlt es im Zusammenhang mit dem Langzeitbetrieb des KKL auch an einer Entscheidung i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Bst. a der Aarhus-Konvention, da der Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb keiner Bewilligung einer Behörde bedarf, zumal das KKL über eine unbefristete Betriebsbewilligung verfügt. Das KKL darf somit betrieben werden, solange es sicher ist. Auch bei der sicherheitstechnischen Ställungnanme des ENSI zu der von der Gesuchsgegnerin Ende 2022 eingereichten PSÜ handelt es sich nicht um eine Entscheidung gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. a der Aarhus-Konvention, da in der sicher- heitstechnischen Stellungnahme des ENSI nicht darüber entschieden wird, ob der Langzeitbetrieb des KKL zugelassen wird oder nicht. Das Ziel der sicherheitstechnischen Stellungnahme zur PSÜ besteht vielmehr darin, zu beurteilen, ob die nach Art. 4 Abs. 1 KEG zu treffende Vorsorge ausreichend ist oder ob Nachrüstmassnahmen notwendig sind. Die sicherheitstechnische Stellungnahme des ENSI zur PSÜ stelli somit eine Ergänzung zur laufenden Aufsichtstätigkeit des ENSI dar.

Entgegen der Ansicht der Geduchstellenden ist somit festzuhalten, dass es sich beim Langzeitbetrieb Oes Xft nicht um eine Tätigkeit handelt, auf die Art. 6 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Anhang l, Zilf .22 der Aarhus- Konvention zur Anwendung kommt.

Die Gesuchstellenden berufen sich in ihrem Gesuch im Weiteren auf Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention. Gemäss dieser Bestimmung stellt jede Vertragspartei sicher, dass bei einer durch eine Behörde vorgenommenen überprüfung oder Aktualisierung der Betriebsbedingungen fur eine in Art. 6 Abs. 1 der Konvention genannte Tätigkeit die Abs. 2-9 der Konvention sinngemäss und soweit dies angemessen ist Anwendung finden.

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Wie vorne ausgeführt, handelt es sich beim Langzeitbetrieb des KKL nicht um eine geplante Tätigkeit i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Anhang l, Ziff. 22 der Aarhus-Konvention. Zudem stellt die sicherheits- technische Stellungnahme des ENSI zu der von der Gesuchsgegnerin Ende 2022 eingereichten PSÜ entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden nicht eine Überprüfung oder Aktualisierung der Betriebsbedingungen gemäss Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention dar. Wie bereits erwähnt, ist das Ziel der Sicherheitstechnischen Stellungnahme zur PSÜ vielmehr zu beurteilen, ob die nach Art. 4 Abs. 1 KEG zu treffönde Vorsorge ausreichend ist oder ob Nachrüstmassnahmen notwendig sind. Die sicherheitstech- nische Stellungnahme des ENSI zur PSÜ stellt somit eine Ergänzung zur laufenden Aufsichtstätigkeit des ENSI dar.

Aber selbst wenn die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention erfüllt wären, wäre es nicht angemessen, dass die Abs. 2-8 von Art. 6 der Konvention sinngemäss zur Anwendung kommen, da die Umsetzung dieser Absätze die Aufsicht des ENSI im Zusammenhang mit der PSÜ behindern wirrde. Aufgrund des Ausgeführten folgt, dass Art. 6 Abs. 10 der Aarhus-Konvention entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden im Zusammenhang mit der sicherheitstechnischen Stellungnahme des ENSI zur PSÜ nicht zur Anwendung kommt.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass auch gemäss der Aarhus-Konvention für den Langzeit- betrieb des KKL keine UVP-Pflicht besteht. Es existiert somit auch aufgrund der Aarhus-Konvention keine völkerrechtliche Verpflichtung für die Schweiz, vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb für diese Anlage eine grenzüberschreitende UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

10. Beurteilung der Anträge der Gesuchstellenden

10.1 Anträge 1 und 2

ln ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 stellen die Gesuchstellenden u. a. folgende beiden Anträge:

  1. Vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb sei für das KKL eine grenzüberschreitende UVP mit Öffentlichkeitsbeteilig ung durchzuführen.

  2. Eventualiter sei festzustellen, dass für den Langzeitbetrieb des KKL eine grenzüberschreitende UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist, und es sei das entsprechende Verfahren so rasch als möglich durchzuführen.

Betreffend diese beiden Anträge ist Folgendes festzuhalten:

Wie vorne in den Erw. B und 9 ausgeführt, besteht weder gestützt auf das Espoo-Übereinkommen noch aufgrund der Aaihus-Konvention für die Schweiz eine Pflicht, vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb für diese Anlage eine grenzuberschreitende UVP durchzuführen. Es besteht auch keine andere Norm des Umweltvölkerrechts, aufgrund derer die Schweiz verpflichten wäre, vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb für diese Anlage eine grenzüberschreitende UVP vozunehmen.

Da sich kein Anspruch auf Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP aus den Normen des Umweltvölkerrechts ergibt, können die Gesuchstellenden einen solchen Anspruch auch nicht gestützt auf Art.2 bzw. Art. 8 EMRK geltend machen (vgl. vorne die Erw. 7.3).

Entgegen der Ansicht der Gesuchstellenden ist es deshalb völkerrechtskonform, den Langzeitbetrieb des KKL nicht als wesentliche Abweichung von der 1. oder 2. Teilbaubewilligung KKL bzw. der Betriebsbewilligung KKL gemäss Art. 65 Abs. 2 KEG zu beurteilen. Deswegen wurde und wird zu Recht darauf verzichtet, ein Bau- bzw. Betriebsbewilligungsverfahren (inkl. einer grenzüberschreitenden UVP) betref- fend den Langzeitbetrieb des KKL durchzuführen.

Das UVEK ist der Ansicht, dass es ohnehin dem KEG widersprechen würde, wenn man betreffend das KKL, das über eine unbefristete Betriebsbewilligung verfügt, vor dessen Übergang in den Langzeitbe- trieb einzig aufgrund des Zeitablaufs ein Bau- bzw. Betriebsbewilligungsverfahren gemäss Art. 49 ff. KEK durchführön würde, zumal das KEG explizit vorsieht, dass die Betriebsbewilligung unbefristet erteilt werden kann (vgl. Art.21 Abs. 2 KEG). lm KEG istzudem nichtvorgesehen, dass unbefristete Betriebsbewilligungen betreffend KKW zu überprüfen sind.

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Betreffend Art. 25a VwVG machen die Gesuchstellenden in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 Folgendes geltend: sollte das UVEK den übergang des KKL in den Langzeitbetrieb nicht als bewilligungspflichtigen Vorgang im Sinne von Art. 65 Abs. 2 KEG qualifizieren, sondern von einem blossen Realakt ausgehen, so wäre die völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mittels Verfügung über sogenannte Realakte durchzusetzen. Art. 25a VwVG erfasse nicht nur staatliches Handeln, sondern auch Unterlassungen. Soweit die zuständige Behörde zu einer Handlung spezifisch verpflichtet sei und die unterlassung dem öffentlichen Recht des Bundes zuwiderlaufe, könne auch ein positives Tun verlangt werden. Wie aufgezeigt, bestehe eine indrviduell durchsetzbare völkerrechfliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrien. Die (beabsichtigte) Nichtdurchfüihrung eines solchen Verfahrens stelle eine widerrechtliche Unterlassung dar. Zur Beseitigung dieser widerrechtlichen Unterlassung sei durch däs zuständige UVEK mittels Verfügung (vgl. Art. 25a Abs. 2 VwVG) die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb anzuordnen (vgl. die Ziff. 3.2.2 des Gesuchs).

Betreffend diese Vorbringen der Gesuchstellenden ist festzuhalten, dass eben gerade keine individuell durchsetzbare völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem übergang des KKL in den Langzeitbetrieb besteht (vgl. vorne). Deshalb begeht das UVEK dadurch, dass es kein Bau- bzw. Betriebsbewilligungsverfahren (inkl. einer grenzüberschreitenden UVP) betreffend den Langzeitbetrieb des KKL durchführt, auch keine widerrechtliche Unterlassung. Die Gesuchstellenden können somit auch aus Art. 25a VwVG nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es erübrigt sich, weiter darauf einzugehen

Aufgrund des Ausgeführten sind die Anträge 1 und 2 der Gesuchstellenden abzuweisen (vgl. hinten das Dispositiv, Ziff. 1).

10.2 Verfahrensantrag

Zum Verfahrensantrag der Gesuchstellenden, wonach über das Gesuch vom 26. Februar 2024 zeitnah zu entscheiden sei, ist Folgendes festzuhalten:

Die Bearbeitung des Gesuchs vom 26. Februar 2024 hat Sich vezögert aufgrund von sehr angespannten personellen Ressourcen innerhalb der Sektion Kernenergierecht im BFE, die dafür inhaltlich zuständig ist. Unter anderem liegt das an einer längeren, ungeplanten Büroabwesenheit eines Mitarbeitenden. Es war nicht möglich, die Abwesenheit vollständig aufzufangen, zumal eine weitere Person der Sektion zurzeit andere dringende Aufgaben des Amtes übernimmt. Die für das Dossier zuständige Person hat nach ihrer Rückkehr ins Büro Ende Oktober 2024 die Gesuchsbearbeitung mit Priorität wieder aufgenommen und den Verfügungsentwurf so rasch als möglich fertiggestellt.

Da wie vorne dargelegt, die Anträge 1 und 2 abzulehnen sind, ist den Gesuchstellenden aus der unvermeidbaren Verfahrensverzögerung kein erheblicher Nachteil erwachsen. Der Verfahrensantrag der Gesuchstellenden ist aufgrund des Ausgeführten im Sinne der Erwägungen abzuweisen (vgl. hinten das Dispositiv, Ziff.1).

Auf den Antrag 3 der Gesuchstellenden, dass das UVEK bzw. die Gesuchsgegnerin zur Zahlung von Verfahrenskosten sowie zur Leistung einer Parteientschädigung an die Gesuchstellenden zu verpflichten seien, wird in der nachfolgenden Erw. 11 eingegangen.

11 Verfahrenskosten

Die zuständigen Behörden des Bundes erheben gestützt auf Art. 83 Abs. 1 KEG von den Gesuchstellern und den lnhabern von Kernanlagen, nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen Gebühren und verlangen den Ersatz von Auslagen.

Sind am Erlass einer Verfügung mehrere Verwaltungseinheiten beteiligt, so legt nach Art. 8 Abs. 1 der Altgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004 (AllgGebV; SR 172.041.1) jede von ihnen für ihren Aufiruand die Gebühr gestützt auf die für sie massgebende Gebührenregelung fest und teilt sie der federführenden Verwaltungseinheit mit. Die federführende Verwaltungseinheit legt die Gesamtgebühr fest (Art. 8 Abs. 2 AllgGebV).

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Nach Art. 8 Abs. 3 AllgGebV verfügt die federführende Verwaltungseinheit die Gesamtgebühr. Die beteiligten Verwaltungseinheiten sind jeweils selbst um Rechnungsstellung besorgt.

Nach Art. 13 Abs. 2 Bst. a Ziff. 1 der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren vom 10. September 1969 (SR 172.041.0) kann das Departement eine Entscheidgebühr fordern. lm vorliegenden Fall erscheint eine Gebühr von CHF 1'800.00 angemessen. Das UVEK stellt nach Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Verfügung die Kosten in Rechnung.

Das BFE legt als verfahrensleitende Behörde nach Art. 1 Bst. a, Art. 3 Abs. 2 und Art. 11 der Verordnung über Gebühren und Aufsichtsabgaben im Energiebereich vom 22. November 2006 (GebV-En; SR 730.05) Gebühren in der Höhe von CHF 7'835.00 fest. Das BFE ist selbst um Rechnungsstellung besorgt.

Die Gesamtgebühr beträgt somit CHF 9'635.00.

Soweit die Gesuchstellenden in ihrem Gesuch vom 26. Februar 2024 beantragen, das UVEK bzw. die Gesuchsgegnerin seien zur Zahlung von Verfahrenskosten sowie zur Leistung einer Parteientschädigung an die Gesuchstellenden zu verpflichten (vgl. den Antrag 3), ist Folgendes festzuhalten: Gemäss Art. 83 Abs. 1 KEG erheben die zuständigen Behörden des Bundes von den Gesuchstellern Gebühren und verlangen den Ersatz von Auslagen, insbesondere für die Erteilung von Bewilligungen. Aus Art. 83 Abs. 1 KEG folgt, dass in Verfahren gemäss Art. 65 Abs. 5 Bst. b KEG grundsätzlich die Gesuchsteller die Verfahrenskosten zu tragen haben und diese nicht nach dem Unterliegeprinzip auf die Verfahrensparteien zu übrlegen sind. Vorliegend besteht kein Grund, von diesem Prinzip abzuweichen, zumal die Gesuchstellenden mit ihren Anträgen unterlegen sind. Die Verfahrenskosten von CHF 9'635.00 sind somitvon den Gesuchstellenden zu bezahlen (vgl. hinten das Disposiliv, Ziff. 2).

Betretfend Parteientschädigung ist darauf hinzuweisen, dass nach Lehre und Rechtsprechung eine obsiegende, anwaltlich vertretene Partei im nichtstreitigen Venrvaltungsverfahren grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat, wenn eine entsprechende formell-gesetzliche Regelung besteht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B- 3318/2007 vom 6. März 2008, E, 8.2.2). Weder das KEG noch das VwVG enthalten eine Bestimmung zur Parteientschädigung im erstinstanzlichen Ver- fahren. Gemäss Rechtsprechung kann indessen ausnahmsweise eine Parteientschädigung aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen abgeleitet werden: Wenn die Ablehnung des Entschädigungsbegehrens in stossender Weise dem Gerechtigkeitsempfinden zuwiderliefe, kann sich ein Anspruch auf Parteientschädigung aus dem Verbot der Rechtsverweigerung (Art. I BV) bzw. aus dem Gebot der Rechtsgleichheit (Art. S BV) ergeben (vgl. a. a. O., E. S.2.3). Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, zumal die Gesuchstellenden mit ihren Anträgen unterlegen sind. Deshalb sind das UVEK bzw. die Ge- suchsgegnerin auch nicht zur Zahlung einer Parteientschädigung zu verpflichten.

Aufgrund des Ausgeführten ist der Antrag 3 der Gesuchstellenden betreffend Verfahrenskosten und Parteientschädigung abzuweisen (vgl. hinten das Dispositiv, Zitl. 1).

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Dispositiv

Gestützt auf die Erwägungen hiervor wird vom UVEK verfügt:

  1. Die Anträge der Gesuchstellenden werden im sinne der Erwägungen abgewiesen.

  2. Die Verfahrenskosten von cHF g'63s.00 werden den Gesuchstellenden auferlegt. Die beteiligten Verwaltungseinheiten sind selbst um Rechnungsstellung besorgt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen seit Eröffnung beim Bundesvenrualtungsgericht, postfach, 9023 St. Gallen, Beschwerde erhoben werden (Art. 50 Abs. 1 VwVG). Die Frist steht still vom 18. Dezember 2024 bis und mit dem 2. Januar 2025 (Art.22a Abs. 1 Bst. c VwVG). Die Beschwerde hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der Beschwerdeführenden zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Beschwerdeführenden sie in Händen haben. Ferner sollte die Vollmacht einer allfälligen Vertreterin oder eines Vertreters beigelegt werden (Art. 52 Abs. 1 VwVG).