Prozess Leibstadt
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Titel

FAQ «Prozess Leibstadt»

Datum

05.02.2025, 11:30

Kategorie

Fakt

Meta

FAQ zum Prozess Leibstadt

AKW ohne UVP – so nicht!

Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) wird ab Ende 2024 in den sog. Langzeitbetrieb (Betrieb über das 40. Betriebsjahr hinaus) übergehen. Als sog. «lifetime extension» untersteht der Langzeitbetrieb dem von der Schweiz ratifizierten übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Übereinkommen von Espoo). Darüber hinaus fällt der Langzeitbetrieb in den Anwendungsbereich des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), welches die Schweiz ebenfalls ratifiziert hat. Beide Übereinkommen statuieren für den Langzeitbetrieb eine Pflicht zur vorgängigen Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese völkerrechtliche Verpflichtung ist zum Schutze der Grundrechte gemäss

FAQ

Warum ein Verfahren gegen das AKW Leibstadt?

Das AKW Leibstadt wurde Ende 2024 vierzig Jahre alt und ging damit am 15.12.2024 als letztes Schweizer AKW in den Langzeitbetrieb. Die Betreiber planen heute mit einer Laufzeit von mindestens 60 Jahren. So geht das letzte Schweizer AKW frühestens 2044 vom Netz. Das heisst, dass die ursprünglich geplante Laufzeit um 20 Jahre überschritten wird.

Gemäss internationalem Recht über grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen («UVP») muss vor dem verlängerten Betrieb eine Untersuchung der negativen Umwelteinflüsse inklusive öffentlicher Konsultation erfolgen. Eine solche UVP wurde aber nicht durchgeführt.

15 Anwohner:innen des AKW Leibstadt haben sich im Februar 2024 in einem Gesuch an das UVEK gewendet un dargelegt weshalb eine UVP jetzt durchgeführt werden muss. Das UVEK hat das Gesuch abgelehnt. Nun reichen die 15 Anwohner:innen eine Beschwerde dagegen vor dem Bundesverwaltungsgericht ein. 

Welches Recht wird verletzt?

Die Klage bezieht sich auf Verletzungen des in der Schweiz gültigen Umweltrechts, genauer der Espoo-Konvention und der Aarhus-Konvention. Beide Konventionen enthalten die rechtliche Verpflichtung eine «Umweltverträglichkeitsprüfung» («UVP») mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, bevor ein bestehendes Atomkraftwerk («AKW») in den Langzeitbetrieb geht. Die Durchführung einer UVP vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb gehört zu den zwingenden Pflichten, welcher die Schweiz zum Schutze der Menschenrechte ergreifen muss. Diese wurde aber nicht durchgeführt. Auch nicht nachdem die 15 Anwohner:innen sich in einem Gesuch dazu an das UVEK gewendet hatten. 

Was ist die ESPOO-Konvention?

Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen, auch «Espoo-Konvention» genannt, weil sie in der Finnischen Stadt Espoo angenommen wurde. Am 10. September 1997 ist das Abkommen für die Schweiz in Kraft getreten. Es verpflichtet Mitgliedstaaten Massnahmen zur Verhütung, Reduzierung und Bewältigung von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens zu ergreifen. Zu diesen Vorhaben gehört auch der Langzeitbetrieb von bestehen Atomkraftwerken. In so einem Fall muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden und haben (potentielle) betroffene Parteien ein Mitspracherecht (Öffentlichkeitsbeteiligung).

Was ist die Aarhus-Konvention?

Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten («Aarhus- Konvention»):
Die Aarhus-Konvention, die für die Schweiz am 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist, beruht auf den drei Pfeilern «Umweltinformation», «Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidungsverfahren» und «Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten». Im Falle bestimmter Tätigkeiten, wozu auch der Langzeitbetrieb von Atomkraftwerken gehört, muss zuerst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Zusätzlich müssen Anwohnende aktiv informiert werden und haben sie ein Mitspracherecht.

Was ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)?

Grosse Infrastrukturelle Anlagen können unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt haben. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) kann das im Vorhinein prüfen. Eine UVP prüft ob das Projekt und seine Auswirkungen, den geltenden Umweltgesetzen entspricht. Dazu gehören Bereiche wie Grundwasser, Boden und Luftverschmutzung. Bespiele von Projekten, die einer UVP-Pflicht unterstehen können sind zum Beispiel Einkaufszentren, Skilifte, Parkplätze oder eine Schiessanlage. 

Meistens wird so eine UVP schon während der Planungsphase eines Projektes durchgeführt. In bestimmten Fällen muss aber auch die Erweiterung einer bestehenden Anlage geprüft werden. Laut der ESPOO-Konvention und der Aarhus-Konvention muss eine UVP auch stattfinden, wenn ein bestehendes Atomkraftwerk in den Langzeitbetrieb (nach 40 Jahren) geht. Da das AKW Leibstadt so nahe an der deutschen Grenze liegt und auch Deutschland den potentiellen Gefahren des AKWs ausgesetzt ist, müsste eine grenzüberschreitende UVP erarbeitet werden.

Was hat eine UVP mit Mitspracherechten zu tun?

Die ESPOO-Konvention und die Aarhus-Konvention geben beide vor, dass im Falle einer stattfindenden UVP die Betroffenen aktiv informiert werden müssen und ein Mitspracherecht haben. Das gilt für Einzelpersonen, Gemeinden etc. aber zum Beispiel auch für Umweltschutzorganisationen. Das Ziel dieser aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft ist die Stärkung des Umweltschutzes.

Sind die Folgen des Langzeitbetriebs von AKW nicht gleich wie damals beim Bau?

Das AKW Leibstadt wurde mit einer beabsichtigten Betriebszeit von 40 Jahren gebaut. Die Regeln für AKW wurden seitdem verschärft. Dabei geht es sowohl um Sicherheitsvorgaben wie auch Umweltvorschriften. Deswegen braucht es neue Untersuchungen zu unerwünschten Auswirkungen auf die Umwelt. Ausserdem haben die Anwohner:innen das Recht, sich zum Vorhaben Langzeitbetrieb zu äussern, da beim Bau der Anlage nicht davon auszugehen, dass das AKW so lange betrieben werden würde.

Wer hat diese Klage eingereicht?

15 Anwohner:innen des AKW Leibstadt reichen gemeinsam diese Klage ein. Elf Personen leben in der Schweiz und vier Personen in Deutschland.

Welche Rolle spielen die SES, TRAS und Greenpeace Schweiz bei diesem Gesuch?

Die SES, TRAS und Greenpeace unterstützen die Anwohner:innen in ihrem Anliegen. Sie sind der Meinung, die Schweiz sollte sich an ihre internationalen Verpflichtungen halten. Dazu gehören grenzüberschreitende UVP für den Langzeitbetrieb des AKW Leibstadt mit dazugehöriger Konsultation der Anwohner:innen. Die Organisationen unterstützen die Anwohner:innen mit ihrer Expertise und finanziellen Mitteln zur Durchführung dieses Prozesses.

Kontakt

Schweizerische Energie-Stiftung

Sihlquai 67, 8005 Zürich

+41 44 275 21 21
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