Prozess Leibstadt
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Gesuch um Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb

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26.02.2024, 09:00

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Gesuch um Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des Atomkraftwerks Leibstadt. Das Dokument ist für den Datenschutz der Kläger*innen teilweise geschwärzt.

Von

Gesuchstellende

An

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

Seite 2

Zürich, 26. Februar 2024

Kernkraftwerk Leibstadt / Gesuch um Durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb

Sehr geehrte Damen und Herren

In Sachen

  1. (geschwärzt)

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  15. (geschwärzt)

Gesuchstellende,
alle vertreten durch RAin lic.iur. Seraina Schneider und/oder RA Martin Looser,
ettlersuter Rechtsanwälte, Klausstrasse 43, Postfach 3062, 8034 Zürich,

Seite 3

betreffend


Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen für den Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Leibstadt

stellen wir namens und mit Vollmacht der Gesuchstellenden folgende

Rechtsbegehren:

Vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb sei für das Kernkraftwerk Leibstadt eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
Eventualiter sei festzustellen, dass für den Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Leibstadt eine grenzüberschreitende Umweltverträg I ich keitsprüfung mit Öffentlich keitsbeteiligung erforderlich ist, und es sei das entsprechende Verfahren so rasch als möglich durchzuführen. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des UVEK bzw. der Kernkraftwerk Leibstadt AG.

Sodann stellen wir folgenden

Verfahrensantrag

Über das vorliegende Gesuch sei zeitnah zu entscheiden.

1. In Kürze

  1. Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) wird ab Ende 2024 in den sog. Langzeitbetrieb (Betrieb über das 40. Betriebsjahr hinaus) übergehen. Als sog. «lifetime extension» untersteht der Langzeitbetrieb dem von der Schweiz ratifizierten übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Übereinkommen von Espoo). Darüber hinaus fällt der Langzeitbetrieb in den Anwendungsbereich des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), welches die Schweiz ebenfalls ratifiziert hat. Beide Übereinkommen statuieren für den Langzeitbetrieb eine Pflicht zur vorgängigen Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese völkerrechtliche Verpflichtung ist zum Schutze der Grundrechte gemäss Art. 2 bzw. Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) direkt und individuell durchsetzbar.

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  1. Vor diesem Hintergrund fordern die Gesuchstellenden als unmittelbar betroffene Anwohnende vom zuständigen UVEK die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb.

2. Formelles

2.1 Vollmachten

  1. Die unterzeichnenden Rechtsanwälte sind gehörig bevollmächtigt.

2.2 Zuständigkeit

  1. Gemäss Art. 5 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6a Abs. 2 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV) i.V.m. Art. 65 Abs. 2 und Art. 57 des Kernenergiegesetzes (KEG) ist das UVEK innerstaatlich zuständig für die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP beim Übergang eines Kernkraftwerks in den Langzeitbetrieb als einer im Sinne des übergeordneten Völkerrechts wesentlichen Abweichung von der ursprünglichen Bau- bzw. Betriebsbewilligung (dazu ausführlich Ziff. 3.1.2). Dies gilt auch für den Entscheid darüber, ob eine UVP durchzuführen ist (vgl. Art. 65 Abs. 5 lit. b KEG). Die Behandlung des vorliegenden Gesuches um Durchführung einer UVP für den Langzeitbetrieb des KKL fällt somit in den Zuständigkeitsbereich des UVEK.

  2. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Herleitung über Art. 25a VwVG. Die (beabsichtigte) Nichtvornahme einer UVP für den Langzeitbetrieb stellt eine völkerrechtswidrige Unterlassung dar, die vom UVEK als zuständige Bewilligungsbehörde durch Anordnung bzw. Durchführung des entsprechenden Verfahrens zu beseitigen ist (dazu ausführlich Ziff. 3.2.2).

  3. Sollte sich das UVEK sachlich für unzuständig erachten, hat es unverzüglich einen Meinungsaustausch mit der für zuständig erachteten Behörde durchzuführen bzw. die Sache an jene Behörde zu überweisen (vgl. Art. 8 VwVG). Dies gilt namentlich dann, wenn das UVEK von der Zuständigkeit des ENSI als für Freigabeentscheide zuständige Aufsichtsbehörde ausgehen sollte (dazu nachstehend Rz. 49).

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2.3 Legitimation der Gesuchstellenden

  1. Gemäss konstanter Rechtsprechung kommt den Anwohnenden der Notfallschutzzone 1 im Bewilligungsverfahren für Kernkraftwerke Parteistellung im Sinne von Art. 6 VwVG bzw. Beschwerdelegitimation nach Art. 48 Abs. 1 VwVG und Art. 89 Abs. 1 BGG zu. Darüber hinaus sind die Anwohnenden der Notfallschutzzone 1 befugt, gegen Realakte der Behörden vorzugehen, wenn die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerks auf dem Spiel steht (vgl. BGE 140 II 315 E. 5.1 und E. 4.6 f.).

  2. Obschon die Frage von der Rechtsprechung bislang offengelassen wurde, ist auch die Legitimation der Anwohnenden der Notfallschutzzone 2 zu bejahen. Die Zone 2 mit einer Ausdehnung von ca. 20 km umfasst ein Gebiet, in dem bei einem schweren Störfall – gleich wie in der Zone 1 – eine Gefahr für die Bevölkerung entstehen kann, die Schutzmassnahmen erfordert. Die Anwohnenden dieser Zone sind gegenüber der Allgemeinheit somit ebenfalls einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt, weshalb auch sie ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass die zur Vermeidung oder Verminderung dieser Gefahr erforderlichen Massnahmen getroffen werden.

  3. Die Gesuchstellenden 1–11 sind Anwohnende der Notfallschutzzonen 1 (0–5 km; Gemeinden Full-Reuenthal und Klingnau) und 2 (bis ca. 20 km; Gemeinden Baden, Obersiggenthal [Nussbaumen] und Wettingen) gemäss Anhang 3 der Verordnung über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen (Notfallschutzverordnung, NFSV). Sie sind damit zur Einreichung des vorliegenden Gesuchs um Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP gestützt auf Art. 5 Abs. 1 und 2 sowie Art. 6a Abs. 2 UVPV i.V.m. Art. 65 Abs. 2 KEG bzw. Art. 25a VwVG legitimiert.

    BO: Wohnsitznachweise Gesuchstellende 1–11 im Bestreitungsfall

  4. Die Gesuchstellenden 12–15 wohnen auf der deutschen Seite des Rheins, innerhalb der Zentralzone (0–5 km; Gemeinde Waldshut-Tiengen) und der Mittelzone (bis ca. 20 km; Gemeinde Laufenburg) gemäss den rechtsverbindlichen Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen der Strahlenschutzkommission (SSK) vom 19. Februar 2015. Diese Zonen entsprechen den Notfallschutzzonen 1 und 2 gemäss NFSV. Die in der Zentralzone und Mittelzone wohnhaften Gesuchstellenden 7–11 sind damit gemäss den obigen Ausführungen ebenfalls zur Einreichung des vorliegenden Gesuchs legitimiert.

    BO: Wohnsitznachweise Gesuchstellende 12-15 im Bestreitungsfall

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3. Materielles

3.1 Völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung für den Langzeitbetrieb

3.1.1 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)

  1. Die EMRK, in Kraft getreten für die Schweiz am 28. November 1974, verankert grundlegende Menschenrechte, namentlich das Recht auf Leben (Art. 2 EMRK) und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK). Diese materiellen Konventionsbestimmungen sind wie die Grundrechte der Bundesverfassung unmittelbar anwendbar, d.h. die Betroffenen können sich vor den innerstaatlichen Behörden direkt darauf berufen («self-executing»)[1].

  2. In seiner jüngeren Rechtsprechung misst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dem Recht auf eine saubere und intakte Umwelt besondere Bedeutung zu. Dabei hat sich namentlich Art. 8 EMRK zur zentralen Umweltschutznorm der EMRK entwickelt. So leitet der EGMR aus Art. 8 EMRK verschiedene positive Schutzpflichten des Staates ab, die dem Schutz des Einzelnen vor schädlichen bzw. negativen Umweltauswirkungen dienen. Der Fokus des EGMR liegt dabei besonders auf der Einhaltung verfahrensrechtlicher Garantien zum Schutz von Umwelt und Individuen vor gefährlichen Aktivitäten[2].

  3. Zu den durch Art. 8 EMRK garantierten verfahrensrechtlichen Schutzpflichten zählt namentlich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Vorfeld einer potentiell umweltgefährdenden Aktivität[3]. Gemäss der Rechtsprechung des EGMR ist der Staat bei Bestehen eines ernsten und substantiellen Risikos für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen verpflichtet, dieses Risiko vorgängig im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu evaluieren und abzuschätzen und gegebenenfalls geeignete Schutzmassnahmen zu ergreifen. Den Betroffenen und der Öffentlichkeit kommen dabei verschiedene Informations- und Beteiligungsrechte zu, namentlich das Recht auf Anhörung und auf Veröffentlichung des Umweltverträglichkeitsberichts. Darüber hinaus ist ein umfassender Zugang zum Gericht zu gewährleisten[4].

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Fussnoten

[1] Vgl. etwa BGE 103 V 190 E. 2a; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl., Rz. 235.

[2] Zum Ganzen Katharina Braig, Umweltschutz durch die Europäische Menschenrechtskonvention, Basel 2013, S. 268 ff.

[3] Vgl. etwa EGMR, Giacomelli gegen Italien, Beschwerde Nr. 59909/00, Urteil vom 2. November 2006; EGMR, Taşkin u.a. gegen Türkei, Beschwerde Nr. 46117/99, Urteil vom 10. November 2004; EGMR, Tãtar gegen Rumänien, Beschwerde Nr. 67021/01, Urteil vom 27. Januar 2009; EGMR, Hardy und Maile gegen Vereinigtes Königreich, Beschwerde Nr. 31965/07, Urteil vom 14. Februar 2012.

[4] EGMR, Tãtar gegen Rumänien, Beschwerde Nr. 67021/01, Urteil vom 27. Januar 2009, insb. § 107 ff., § 114 ff.

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  1. Bei der Auslegung und Anwendung der positiven Schutzpflichten im konkreten Einzelfall stützt sich der EGMR massgeblich auf die Normen des Umweltvölkerrechts[5]. So enthalten namentlich das Übereinkommen von Espoo (dazu nachfolgend Ziff. 3.1.2) und die Aarhus-Konvention (nachfolgend Ziff. 3.1.3) grundlegende verfahrensrechtliche Garantien[6], die zum Schutz bzw. zur Verwirklichung der aus Art. 8 EMRK fliessenden Individualrechte von den rechtsanwendenden Behörden zu beachten und umzusetzen sind.

  2. Auf diese völkerrechtlichen Garantien und deren Bedeutung für den vorliegenden Fall ist im Folgenden einzugehen.

3.1.1 Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Übereinkommen von Espoo)

3.1.2.1  Allgemeines

  1. Das Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Übereinkommen von Espoo), dem auch die Schweiz beigetreten und das innerstaatlich am 10. September 1997 in Kraft getreten ist, verpflichtet die Vertragsparteien, einzeln oder gemeinsam alle zweckmässigen und wirksamen Massnahmen zur Verhütung, Reduzierung und Bewältigung von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens zu ergreifen (Art. 2 Abs. 1 Espoo-Übereinkommen). Zu diesem Zweck haben die Vertragsparteien bei den im Anhang I aufgeführten Vorhaben, die wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge haben, ein innerstaatliches Verfahren zur Beurteilung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP, vgl. Art. 1 Ziff. 6 Espoo-Übereinkommen) zu schaffen, das eine Beteiligung der Öffentlichkeit sowie die Ausarbeitung der in Anhang II beschriebenen Dokumentation zur UVP gestattet (Art. 2 Abs. 2 Espoo-Übereinkommen). Die Partei, in deren Zuständigkeitsbereich ein solches Vorhaben geplant ist (Ursprungspartei, vgl. Art. 1 Ziff. 2 Espoo-Übereinkommen) hat sicherzustellen, dass eine UVP entsprechend dem Übereinkommen durchgeführt wird, bevor über die Genehmigung oder Durchführung des Vorhabens entschieden wird (Art. 2 Abs. 3 Espoo-Übereinkommen). Sämtliche betroffene Parteien (vgl. Art. 1 Ziff. 3 Espoo-Übereinkommen) sind von der Ursprungspartei sodann rechtzeitig und umfassend über das Vorhaben in Kenntnis zu setzen (vgl. Art. 2 Abs. 4 und Art. 3 Espoo-Übereinkommen).

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Fussnoten

[5] Katharina Braig, a.a.O., S. 239 mit weiteren Hinweisen.

[6] Die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zählt zu den Grundsätzen des Völkergewohnheitsrechts. So erklärte der Internationale Gerichtshof (IGH) bereits im Entscheid vom 20. April 2010 betreffend die Zellstofffabrik am Fluss Uruguay zwischen Argentinien und Uruguay, dass sich aus der Pflicht zum Schutz und zur Erhaltung der Umwelt die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP ergebe, wenn die geplante Tätigkeit voraussichtlich erhebliche nachteilige Auswirkungen in einem grenzüberschreitenden Kontext haben werde (IGH, Urteil vom 20. April 2010, Pulp Mills on the river Uruguay, § 204).

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  1. Zu den UVP-pflichtigen Vorhaben zählen namentlich Kernkraftwerke und sonstige Kernreaktoren, einschliesslich der Demontage oder Stilllegung solcher Kraftwerke oder Reaktoren (Anhang I Nr. 2 Bst. b Espoo-Übereinkommen). Erfasst sind nicht nur neue Projekte, sondern auch alle grösseren Änderungen einer Anlage («major change to an activity»), die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren unterliegen («subject to a decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure»; vgl. Art. 1 Ziff. 5 Espoo-Übereinkommen).

  2. 2017 hat die Vertragsstaatenkonferenz eine ad hoc Arbeitsgruppe eingesetzt, um einen Leitfaden zur Anwendbarkeit des Espoo-Übereinkommens auf sog. «lifetime extensions» von Kernkraftwerken auszuarbeiten. Nach mehrjährigen kontroversen Verhandlungen wurde im Dezember 2020 die «Guidance on the applicability of the Convention to the lifetime extension of nuclear power plants» von den Vertragsparteien, darunter auch die Schweiz, verabschiedet (nachfolgend «Guidance»; decision VIII/6). Die «Guidance» soll die Vertragsstaaten bei der Entscheidung unterstützen, ob für eine geplante «lifetime extension» eines Kernkraftwerks eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung nach Massgabe des Übereinkommens erforderlich ist.

    BO: UNECE, Guidance on the applicability of the Convention to the lifetime extension of nuclear power plants, Geneva, 2021

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  1. Nachfolgend wird aufgezeigt, dass es sich beim Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb um eine «lifetime extension» handelt, die gemäss der «Guidance» dem Espoo-Übereinkommen und damit der Pflicht zur grenzüberschreitenden UVP untersteht. Zu diesem Zweck wird der Langzeitbetrieb zunächst unter den Begriff «lifetime extension» subsumiert (Ziff. 3.1.2.2). Anschliessend wird dargelegt, dass und weshalb der Langzeitbetrieb eine grössere Änderung einer Anlage («major change to an activity») darstellt (Ziff. 3.1.2.3), die der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach einem geltenden innerstaatlichen Verfahren unterliegt («subject to a decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure», vgl. Ziff. 3.1.2.4) und wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zeitigt («is likely to cause significant adverse transboundary impact», vgl. Ziff. 3.1.2.5). Basierend auf diesen Ausführungen werden abschliessend die Konsequenzen erläutert, die sich aus der Anwendung des Espoo-Übereinkommens auf den Langzeitbetrieb des KKL für die Schweiz ergeben (vgl. Ziff. 3.1.2.7).

  2. Zurzeit ist eine «Beschwerde» von Greenpeace Frankreich beim konventionsinternen «Implementation Committee» (vgl. Art. 11 Abs. 2 und Art. 14bis Espoo-Übereinkommen) hängig. Die Organisation wirft Frankreich vor, den Langzeitbetrieb von 32 Blöcken von 8 Kernkraftwerken zuzulassen, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Massgabe des Espoo-Übereinkommens durchzuführen. Anlässlich seiner 57. Tagung in Genf beschloss der zuständige Durchführungsausschuss, ein internes Verfahren («Committee initiative») gegen Frankreich einzuleiten. Der Ausschuss kam zum Schluss «that there was a profound suspicion of non-compliance by France with its obligations under articles 2 (2)-(3) and 3 (1) and (7) of the Convention in respect of the lifetime extension of unit 1 of Tricastin nuclear power plant» (Report of the Implementation Committee on its fifty-seventh session, Geneva, 29 August – 1 September 2023, Ziff. IV.E. «France», Rz. 66). Frankreich ist deshalb für den Juni 2024 zu einem Hearing vor dem Durchführungsausschuss vorgeladen.

    BO: UNECE, Report of the Implementation Committee on its fifty-seventh session, Geneva, 29 August – 1 September 2023

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  1. Die Rechtslage in Frankreich ist hinsichtlich der hier relevanten Frage nach der Unterstellung des Langzeitbetriebs des KKL unter das Espoo-Übereinkommen insofern vergleichbar, als auch die französischen Kernkraftwerke – gleich wie die Schweizer Kernkraftwerke – über eine unbefristete Betriebsbewilligung verfügen und daher beim Übertritt in den Langzeitbetrieb kein (neuerliches) Bewilligungsverfahren mit UVP vorgesehen ist. Das hängige Verfahren vor dem «Implementation Committee» ist für das vorliegende Verfahren somit von unmittelbarer Relevanz, weshalb nachfolgend auf die einschlägige Begründung des «Implementation Committee» im zitierten Beschluss Bezug genommen wird (zit. Beschluss «Implementation Committee»).

  2. Ferner stützen sich die Gesuchstellenden im Folgenden rechtsvergleichend auf ein Rechtsgutachten vom 26. Juli 2023 (zit. «Rechtsgutachten»), welches ebenfalls zum Schluss kommt, dass der Langzeitbetrieb der französischen Kernkraftwerke eine Pflicht zur grenzüberschreitenden UVP nach dem Espoo-Übereinkommen auslöst (Julien Bétaille et. al: La soumission a etude d’impact environnemental transfrontiere du prolongement de la duree de vie des reacteurs nucleaires français, consultation juridique, Toulouse, le 26 juillet 2023).

    BO: Julien Bétaille et. al: La soumission a etude d’impact environnemental transfrontiere du prolongement de la duree de vie des reacteurs nucleaires français, consultation juridique, Toulouse, le 26 juillet 2023

3.1.2.2. Langzeitbetrieb des KKL als «lifetime extension»

  1. Der Begriff «lifetime extension» wird in der «Guidance» nicht einheitlich definiert, sondern erfasst im Sinne eines «pragmatic approach[7]» verschiedene Fallkonstellationen, denen gemeinsam ist, dass sie alle auf eine Verlängerung der Betriebszeit eines Kernkraftwerks abzielen. Damit wird den gesetzgeberischen Eigenheiten in den Vertragsstaaten Rechnung getragen. Die «Guidance» macht insbesondere deutlich, dass nicht nur befristete Betriebsbewilligungen, die nach Ablauf der Befristung erneuert oder verlängert werden (Laufzeitverlängerung im formellen Sinne, vgl. Guidance «Situation 1», Ziff. II.C., Nr. 25), eine «lifetime extension» implizieren können, sondern auch unbefristete Bewilligungen, sofern eine mit einer Erneuerung bzw. Verlängerung einer befristeten Bewilligung vergleichbare Situation vorliegt (Guidance, Ziff. II.B, Nr. 22 und 23)[8].

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Fussnoten

[7] Beschluss «Implementation Committee», Rz. 53.

[8] Gemäss dem «Implementation Committee» ist es irrelevant, ob das Konzept eines «design life» oder einer «lifetime extension» im innerstaatlichen Recht vorgesehen ist (vgl. Beschluss «Implementation Committee», Rz. 53).

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  1. Die «Guidance» bezeichnet namentlich folgende Fallkonstellation als vergleichbar mit einer Laufzeitverlängerung im formellen Sinne: «A specific periodic safety review towards the end of the established lifetime can be carried out in support of the decision-making process for and may thus indicate a lifetime extension»Situation 3», Ziff. II.C, Nr. 31). Weiter kann auch ein «comprehensive refurbishment» oder eine «specific comprehensive requalification» von nicht austauschbaren (Gross-)Komponenten am Ende ihrer Lebensdauer eine «lifetime extension» im Sinne der «Guidance» implizieren («Situation 2», Ziff. II.C, Nr. 27).

  2. Die Schweizer Kernkraftwerke, einschliesslich des KKL mit Baujahr 1984, sind auf eine Betriebszeit von 40 Jahren ausgelegt[9]. Wird ein Kernkraftwerk über sein «design life» von 40 Jahren betrieben, so ist für die Zeit nach dem vierten Betriebsjahrzehnt als Bestandteil der Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) zusätzlich ein Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb einzureichen (vgl. Art. 34 Abs. 4 i.V.m. Art. 34a KEV, ferner auch ENSI-Richtlinie A03 «Periodische Sicherheitsüberprüfung von Kernkraftwerken»).

  3. Wie das KKL bereits 2015 angekündigt hatte, ist ein Betrieb über 40 Jahre, mithin über das Jahr 2024 hinaus, geplant. Aus der Sicherheitstechnischen Stellungnahme des ENSI zur Periodischen Sicherheitsprüfung 2016 ergibt sich, dass das KKL dem ENSI den Nachweis für den Langzeitbetrieb spätestens zwei Jahre vor dem Abschluss des 40. Betriebsjahres, also Ende 2022, einreichen musste[10].

Seite 11
Fussnoten

[9] Stejskal/Steudler/Thoma/Fuchs: Plant Life Management (PLIM) in Swiss Nuclear Power Plants, in: IAEA, Nuclear Power Plant Life Management. Proceedings of a Symposium held in Budapest, 4-8 November 2002, S. 652-665; siehe auch IAEA 2002: «The nuclear power plants built in this period (period of the nineteen-sixties to eighties), will reach the end of their planned life in the near future. Since these plants were initially designed for 30-40 years of operation, utilities operating such NPPs will now have to consider whether they will shut down, decommission, and replace the plants reaching the end of their planned life, or refurbish the plants and extend their original design life».

[10] ENSI, Sicherheitstechnische Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsprüfung 2016 des Kernkraftwerks Leibstadt, September 2019, S 1-1.

Seite 12

  1. Für das KKL liegt damit eine mit einer Laufzeitverlängerung im formellen Sinne vergleichbare Situation vor: Zwar ist keine neue Bewilligung bzw. keine Verlängerung der bestehenden Bewilligung erforderlich, der Weiterbetrieb des KKL über das Ende seiner Auslegungsbetriebszeit von 40 Jahren hinaus ist indes von einem spezifischen Sicherheitsnachweis bzw. einer spezifischen Sicherheitsprüfung durch das ENSI abhängig, was im Sinne der «Guidance» eine «lifetime extension» impliziert («Situation 3», Ziff. II.C, Nr. 31)[11].

  2. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen des Sicherheitsnachweises für den Langzeitbetrieb eine spezifisch auf die Verlängerung der Auslegungsbetriebszeit des Kernkraftwerks ausgerichtete, umfassende Überprüfung, Analyse und Bewertung des Zustands von nicht austauschbaren Grosskomponenten (insbesondere Reaktordruckbehälter [RDB] und Containment, vgl. dazu ENSI-Richtlinie A03 «Periodische Sicherheitsüberprüfung von Kernkraftwerken», S. 21 ff.), die als «specific comprehensive requalification» im Sinne der «Guidance» aufgefasst werden kann und damit ebenfalls mit einer «lifetime extension» einhergeht («Situation 2», Ziff. II.C,
    Nr. 27; dazu auch nachfolgend Rz. 43)[12].

  3. Gemäss der «Guidance» fällt der bevorstehende Langzeitbetrieb des KKL damit als «lifetime extension» in den Anwendungsbereich des Espoo-Übereinkommens.

3.1.2.3 Langzeitbetrieb des KKL als «major change to an activity»

a. Generelles

  1. Die «Guidance» nennt beispielhaft verschiedene Konstellationen, die im Kontext einer «lifetime extension» als «major change to an activity» im Sinne des Espoo-Übereinkommens qualifiziert werden können. Erfasst sind dabei nicht nur Änderungen am Bau oder Betrieb eines Kernkraftwerks, die wesentlich von der ursprünglichen Bewilligung abweichen («physical works and modifications in the operating conditions», vgl. Guidance, Ziff. III.C.1)[13]; auch mehrere untergeordnete bauliche Anpassungen oder verschiedene geringfügige betriebliche Modifikationen können in ihrer Gesamtheit als «major change to an activity» aufgefasst werden, wenn damit im Ergebnis eine Verlängerung der Laufzeit des Kernkraftwerks bezweckt wird («multiple minor changes», vgl. Guidance, Ziff. III.C.3). Darüber hinaus können auch veränderte äussere Gegebenheiten bzw. Rahmenbedingungen, die bei der Erteilung der ursprünglichen Bewilligung nicht berücksichtigt wurden, im Zusammenhang mit einer «lifetime extension» einen «major change to an activity» implizieren («Lifetime extension per se», vgl. Guidance, Ziff. III.C.2)[14].

Seite 12
Fussnoten

[11] Vgl. auch Beschluss «Implementation Committee», Rz. 54 und 57, bezüglich Tricastin, Block 1; ferner Rechtsgutachten, S. 13.

[12] Vgl. auch Beschluss «Implementation Committee», Rz. 56 und 57, bezüglich Tricastin, Block 1.

[13] Zur Kritik am Kriterium der «umfangreichen Renovierungsarbeiten» auch Rechtsgutachten, S. 14, ferner S. 20 mit Verweis auf die Schlussanträge der zuständigen Generalanwältin betreffend die Laufzeitverlängerung der AKW Doel-1 und Doel-2 im Verfahren vor dem EuGH (Urteil vom 29. Juli 2019, C-411/17).

[14] Siehe zum Kriterium «veränderte Umweltbedingungen» auch Rechtsgutachten, S. 14 f. und S. 20.

Seite 13

  1. Gemäss dem Rechtsgutachten zum Langzeitbetrieb der französischen Kernkraftwerke kann ein «major change to an activity» schliesslich auch dann bejaht werden, wenn Kernkraftwerke über ihre nominelle Lebensdauer hinaus betrieben werden, ohne dass in der Vergangenheit jemals eine UVP durchgeführt worden ist[15].

b. «multiple minor changes» beim KKL

  1. Gemäss den in seinen Geschäftsberichten 2006–2022 ausgewiesenen Geldflussrechnungen hat das KKL seit 2005 im Durchschnitt jährlich rund CHF 84 Mio. in Sachanlagen investiert[16]. Insgesamt sind seit der Inbetriebnahme im Jahre 1984 rund CHF 1.5 Mrd. in die Modernisierung und Instandhaltung der Anlage geflossen[17]. Soweit technisch möglich wurden die wesentlichen Grosskomponenten in den letzten 11 Jahren ersetzt oder erneuert. Bis zum voraussichtlichen Betriebsende im Jahre 2045 wird mit weiteren Sachinvestitionen von mindestens CHF 500 Mio. bis CHF 1.5 Mrd. gerechnet.

  2. Zu erwähnen sind namentlich die folgenden, bereits vollzogenen Änderungen von bzw. an Grosskomponenten, die zahlreiche Freigaben im Sinne von Art. 65 Abs. 3 KEG erforderten:

  • 2010:

    Austausch der drei Niederdruckturbinen

    Austausch des Blocktransformators

    Austausch von zwei Niederdruckvorwärmern

  • 2012:

    Einbau eines neuen Hauptgenerators

    Erneuerungsarbeiten am Kühlturm

  • 2013:

    Erneuerungsarbeiten am Kühlturm

    Revision des Notstromdiesels

  • 2017:

    Ersatz der beiden Wasserabscheider-Zwischenüberhitzern

  • 2020:

    Umfangreiche Modernisierung der Leittechnik am Speisewasser- und Hauptkondensatsystem sowie weiteren Systemen der Vorwärmer-Anlage («Projekt PLUS»)

  • 2021:

    Erneuerung des Reaktorumwälzsystems (YUMOD)

    Erneuerung des Kondensators (ERKO)

Seite 14

  1. Gegenwärtig im Gange bzw. geplant sind sodann namentlich folgende Erneuerungsprojekte mit substantiellen Investitionen und damit einhergehenden Freigaben im Sinne von Art. 65 Abs. 3 KEG:

  • 2022:

    Austausch des Steuerstab-Steuer- und Informationssystems (RC&IS)

    Ersatz der Strahlenschutzinstrumentierung (NEX)

    Ersatz des Systems zur Messung des Neutronenflusses im Reaktor (PRNM)

    Erweiterung/Modernisierung des Systems zur Erfassung von Anlagenparametern (ANIS, ANIS+)

    Modernisierung von Nebenanlagen (NAMOD)

  • Seismische Ertüchtigung des Systems der gefilterten Containment-Druckentlastung (FCVS)

  1. Darüber hinaus sollen in Zukunft auch die Chancen der Digitalisierung, von Roboter- und Drohnentechnik über 3D-Visualisierungen bis zu Big-Data-Auswertungen gezielt genutzt werden[18], womit weitere substantielle Investitionen verbunden sind.

Seite 13
Fussnoten

[18] KKL, Geschäftsbericht 2022, S. 3.

Seite 15

c. Direkter Zusammenhang zwischen den «multiple minor changes» und dem Langzeitbetrieb des KKL

  1. Wie die Gesuchsgegnerin als Betreiberin des KKL verschiedentlich kommuniziert hat, soll mit den Investitionen in die Modernisierung und Instandhaltung der Anlage sichergestellt werden, dass das KKL auch in Zukunft, im Hinblick auf den angestrebten Langzeitbetrieb von 60 oder mehr Jahren bis mindestens 2045, die Anforderungen an die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit erfüllen kann[19]. Diese Modernisierungen und die laufende Instandhaltung seien die Grundlage dafür, dass das KKL auch langfristig sicher und zuverlässig Strom produzieren könne. Insgesamt seien seit 2010 im Hinblick auf den Langzeitbetrieb über das 40. Betriebsjahr hinaus über eine Milliarde Franken in das Kraftwerk investiert worden[20].

  2. Dass den anlagetechnischen Grossinvestitionen ein gemeinsamer Planungshorizont von 60 Jahren Betriebsdauer zugrunde liegt, ergibt sich etwa auch aus der Medienmitteilung vom 12. September 2014 betreffend Anpassungen bei der Abschreibungsdauer[21]: «60 Jahre Betriebsdauer ist ein Planungshorizont, den das Kraftwerk Leibstadt bereits seit längerem für seine Investitionsplanung unterlegt hat. Damit einhergehen die aktuellen und mittelfristig geplanten Grossinvestitionen in die anlagetechnische Sicherheit und Verfügbarkeit und in die langfristige Planung im Bereich Personalpolitik».

  3. Daraus wird deutlich, dass die oben aufgeführten «multiple minor changes» allesamt auf einem einheitlichen Planungsbeschluss beruhen und in der erkennbaren Absicht erfolgten, die Betriebsdauer des KKL über 40 Jahre hinaus zu verlängern. Damit besteht ein direkter Zusammenhang («tangible link») zwischen den «multiple minor changes» und dem Langzeitbetrieb des KKL – verstanden als «lifetime extension» –, womit gemäss der «Guidance» das Vorliegen eines «major change to an activity» im Sinne des Espoo-Übereinkommens zu bejahen ist (vgl. Guidance, Ziff. III.C, Nr. 51)[22].

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d. Veränderte Umwelt- bzw. Rahmenbedingungen im Zeitpunkt des Langzeitbetriebs des KKL

  1. Seit der Inbetriebnahme des KKL im Jahre 1984 haben sich die äusseren Gegebenheiten und die betrieblichen Rahmenbedingungen wesentlich geändert.

  2. Von Bedeutung ist namentlich der gegenwärtige, menschenverursachte Klimawandel, der die Häufigkeit und Intensität der meteorologisch bedingten Einwirkungen (Starkregen, Sturm, Trockenheit etc.) gegenüber den bei der Inbetriebnahme angenommenen Entwicklungen deutlich verstärkt[23]. Zu erwähnen ist sodann die geänderte Ausgangslage hinsichtlich zivilisatorisch bedingter Einwirkungen (Flugzeugabstürze, terroristische Angriffe etc.) [24].

  3. Mitte 2022 hat das ENSI die Gefährdungsannahmen für Extremwetter neu festgelegt, wobei sich die Gefährdungsannahmen insbesondere bezüglich hoher Lufttemperaturen und Tornados erhöht haben. Dies hat zur Folge, dass alle Schweizer Kernkraftwerke, mithin auch das KKL, ihre Gefährdungsanalysen und Sicherheitsnachweise für Extremwetter-Ereignisse anpassen müssen[25].

  4. Als Folge des Unfalls von Fukushima im Jahre 2011 wurden im Weiteren auch die Gefährdungsannahmen für Erdbeben aktualisiert. Im Zuge dessen forderte das ENSI eine umfassende Neubeurteilung der Erdbebensicherheit aller KKW[26].

  5. Die seit der Bewilligungserteilung erfolgten massgeblichen Veränderungen der Umweltbedingungen und die dadurch bedingten Anpassungen bei den erforderlichen Sicherheitsstandards implizieren im vorliegenden Kontext einen «major change to an activity» im Sinne der «Guidance» (»Lifetime extension per se», vgl. Guidance, Ziff. III.C.2). Darüber hinaus sind die unter den angepassten Gefährdungsannahmen zu erbringenden Sicherheitsnachweise, die auch nicht ersetzbare Komponenten und Strukturen erfassen, als umfassende Requalifizierung im Sinne der «Guidance» zu verstehen, die eine UVP-pflichtige «lifetime extension» implizieren (Guidance, Ziff. II.C, Nr. 27; dazu auch vorstehend Rz. 28).

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Fussnoten

[23] Vgl. dazu auch Rechtsgutachten, S. 14: «C’est dans ce cas de figure qu’entre en ligne de compte la question de l’adaptation des centrales nucléaires aux changements climatiques. En effet, lorsqu’elles ont été implantées, les connaissances sur les changements climatiques étaient limitées et très peu prises en considération. En revanche, il est aujourd’hui impossible d’ignorer cet enjeu, en particulier parce qu’il produit déjà des effets sur le fonctionnement du parc nucléaire français».

[24] Vgl. Prof. Dr. Manfred Mertins, Studie zu den Sicherheitsdefiziten des Schweizer AKW Leibstadt (Defizit-Studie KKL), Ziff. 6.5.1, S. 101 ff.

[25] Vgl. ENSI, Medienmitteilung vom 14. Juli 2022 «ENSI legt Gefährdungsannahmen für Extremwetter-Ereignisse neu fest», abrufbar unter: https://www.ensi.ch/de/2022/07/14/ensi-legt-gefaehrdungsannahmen-fuer-extremwetter-ereignisse-neu-fest/.

[26] Vgl. ENSI, Medienmitteilung vom 5. Februar 2021 «Alle Schweizer Kernkraftwerke erfüllen die aktualisierten Erdbebensicherheit-Standards», abrufbar unter: https://www.ensi.ch/de/2021/02/05/alle-schweizer-kernkraftwerke-erfuellen-die-aktualisierten-erdbebensicherheitsstandards/.

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  1. Ein «major change to an activity» ist umso mehr zu bejahen, als beim KKL weder im Hinblick auf seine Erstellung bzw. Inbetriebnahme noch zu einem späteren Zeitpunkt eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat. Die Umweltverträglichkeit des KKL wurde somit bis anhin nie geprüft, schon gar nicht in einem grenzüberschreitenden Rahmen mit Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. zu diesem Kriterium vorstehend, Rz. 31).

3.1.2.4 Langzeitbetrieb des KKL ist «subject to a decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure»

  1. Die «Guidance» macht deutlich, dass es sich bei der im Zusammenhang mit einer «lifetime extension» erforderlichen «decision of a competent authority» bzw. beim entsprechenden Verfahren nicht um ein formelles (Bewilligungs-)Verfahren nach nationalem Recht handeln muss[27]. Entscheidend ist, ob eine hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen mit einer förmlichen Bewilligung «vergleichbare» Anordnung vorliegt (Guidance, Ziff. V.B.2, Nr. 90).

  2. Kontrollen im Rahmen der Aufsicht oder Periodische Sicherheitsüberprüfungen erfüllen die Kriterien einer «decision» in der Regel nicht, weil damit keine Rechte und Pflichten der Betreiberin begründet werden (Guidance, Ziff. V.B.3, Nr. 93). Wird der fortwährende Betrieb des Kernkraftwerks jedoch davon abhängig gemacht, dass die Erkenntnisse einer Periodischen Sicherheitsüberprüfung und namentlich Forderungen zur Verbesserung der Sicherheit umgesetzt werden, können die Kriterien einer «decision» erfüllt sein (Guidance, Ziff. V.B.3, Nr. 95).

  3. Im Rahmen seiner Sicherheitstechnischen Stellungnahme zur PSÜ stellt das ENSI regelmässig zahlreiche Forderungen an die Kernkraftwerkbetreiber zwecks Verbesserung der Sicherheit auf, von deren Umsetzung der Weiterbetrieb des Kernkraftwerks abhängt (vgl. auch Art. 22 und Art. 67 KEG). Solche Forderungen sind insbesondere mit Blick auf den Langzeitbetrieb umzusetzen, was etwa die Sicherheitstechnische Stellungnahme des ENSI zur PSÜ 2017 des Kernkraftwerks Beznau deutlich macht[28]. Sind die Voraussetzungen von Art. 40 KEV erfüllt, bedarf es für die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen einer vorgängigen Freigabe durch das ENSI in Form einer anfechtbaren Verfügung (vgl. Art. 64 KEG).

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Fussnoten

[27] So auch Rechtsgutachten, S. 16 oben.

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  1. Insbesondere dann, wenn der Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb des KKL im Rahmen der 4. PSÜ zu freigabepflichtigen Änderungen im Sinne von Art. 40 KEV führt, liegt damit klarerweise eine «decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure» vor. Aber auch ohne freigabepflichtige Änderungen wird mit der Sicherheitstechnische Stellungnahme des ENSI bzw. den damit verbundenen sicherheitstechnischen Forderungen im Hinblick auf den Langzeitbetrieb das Vorliegen einer «decision» im Sinne der «Guidance» zu bejahen sein – unabhängig davon, ob für den Langzeitbetrieb eine Änderung der Bewilligung nach dem Verständnis von Art. 65 Abs. 2 KEG erforderlich ist (vorstehend Rz. 45 f.).

  2. Sollte das UVEK aufgrund der vorstehenden Ausführungen davon ausgehen, dass die Zuständigkeit zur Beurteilung des vorliegenden Gesuchs beim ENSI als für freigabepflichtige Entscheide zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. Art. 65 Abs. 3 KEG) liegt, beantragen die Gesuchstellenden die Überweisung ihres Gesuchs von Amtes wegen an das ENSI (vgl. Art. 8 VwVG; dazu vorstehend Rz. 6).

3.1.2.5 Langzeitbetrieb des KKL «is likely to cause significant adverse transboundary impacts»

a. Generelles

  1. Die «Guidance» macht deutlich, dass im Zusammenhang mit einer «lifetime extension» grundsätzlich dieselben Umweltauswirkungen zu berücksichtigen sind wie bei der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks. Massgeblich sind dabei nicht nur die Auswirkungen, die aus dem Normalbetrieb resultieren, sondern auch solche aufgrund von Störfällen, wobei sowohl Auslegungsstörfälle als auch auslegungsüberschreitende Störfälle («beyond design basis accidents» oder «a disaster») erfasst sind (Guidance, Ziff. IV.B.1, Nr. 55 und Nr. 58).

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Fussnoten

[28] ENSI, Sicherheitstechnische Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung 2017 des Kernkraftwerks Beznau, November 2021.

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  1. Im Lichte des Vorsorgeprinzips ist bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen von «lifetime extensions» ein strenger Massstab anzulegen. Als «wahrscheinlich» sind demnach alle Szenarien bzw. Auswirkungen zu bezeichnen, die von der zuständigen Behörde nicht geradezu ausgeschlossen werden können (Guidance, IV.B.1, Nr. 59 und IV.B.2, Nr. 64)[29]. Beim Betrieb von Kernkraftwerken sind sowohl der «grenzüberschreitende» Kontext als auch die Kriterien «Erheblichkeit» und «Schädlichkeit» der Auswirkungen regelmässig zu bejahen[30].

b. Nukleare Risiken des Langzeitbetriebs aufgrund der Alterung des KKL

  1. Wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen ergeben sich vor allem aufgrund der nuklearen Risiken, die aus der physischen Alterung der Anlage und des im Vergleich zu aktuellen Sicherheitsanforderungen veralteten Sicherheitskonzepts (Veralten der Auslegung) resultieren. Beides birgt gegenüber der Stilllegung des KKL nach seiner ursprünglich geplanten Betriebszeit ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere Unfälle und radioaktive Freisetzungen, das durch den Langzeitbetrieb nochmals signifikant zunimmt[31]. Beim KKL betreffen die Defizite – im Vergleich zu den Sicherheitsanforderungen nach Stand von Wissenschaft und Technik – namentlich die Redundanz, die Diversität und die Unabhängigkeit bzw. Trennung der Sicherheitssysteme.[32] An diesen Defiziten vermögen auch partielle Nachrüstungen nichts zu ändern, da die wesentlichen konzeptionellen Schwächen alter Kernkraftwerke bestehen bleiben. Zudem werden durch Nachrüstungsmassnahmen und Reparaturen neue Risiken geschaffen, beispielsweise durch mangelhafte Kompatibilität mit der vorhandenen Technik oder unvorhergesehenen Wechselwirkungen[33].

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Fussnoten

[29] Vgl. auch Rechtsgutachten, S. 16: «Dans la mesure où il est question de faire fonctionner une activité extrêmement dangereuse au-delà de sa durée de validité initiale, cette question ne nécessite pas davantage de développement. Il est évident qu’une telle prolongation est susceptible d’avoir un impact».

[30] Vgl. Rechtsgutachten, S. 17: «Concernant l’impact potentiel des activités nucléaires, il va de soi qu’il est susceptible d’avoir une dimension transfrontière», ferner S. 17: «Enfin, quant au fait que l’impact soit préjudiciable et important, cele ne fait que peu de doute s’agissant d’activités nucléaires. Les effets sur la santé et sur l’environnement de la radioactivité sont suffisamment connus pour que cela ne soit pas mis en doute».

[31] Vgl. auch Rechtsgutachten, S. 21, mit Verweis auf die Schlussanträge der zuständigen Generalanwältin betreffend die Laufzeitverlängerung der AKW Doel-1 und Doel-2 im Verfahren vor dem EuGH (Urteil vom 29. Juli 2019, C-411/17).

[32] Zum Ganzen Prof. Dr. Manfred Mertins, a.a.O., Ziff. 3.1 und Ziff. 6.2 f.

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  1. Aufgrund der bestehenden Defizite und insbesondere der Tatsache, dass jeder weitere Betrieb des KKL in einem gegenüber der Option «Stilllegung» (Zero-Szenario) erhöhten Risiko resultiert, ist der Langzeitbetrieb des KKL mit wahrscheinlich erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Umweltauswirkungen verbunden, die im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Massgabe des Espoo-Übereinkommens zu evaluieren und mittels geeigneter Massnahmen zu verhüten, zu reduzieren bzw. zu bewältigen sind.

  2. Dabei gilt auch zu berücksichtigen, dass das radiologische Risiko, das vom (Langzeit-)Betrieb des KKL ausgeht, heute wesentlich mehr Menschen betrifft als noch im Jahre 1984. So hat sich die Wohnbevölkerung der Schweiz in den letzten vierzig Jahren von 6.5 Mio. auf 8.7 Mio. erhöht[34]. Auch im angrenzenden Süddeutschland ist die Bevölkerungsdichte heute deutlich höher als bei der Inbetriebnahme des KKL.

c. Nukleare Risiken des Langzeitbetriebs im Lichte geänderter Gefährdungsannahmen

  1. Wie bereits ausgeführt, wurden in den vergangenen Jahren die Gefährdungsannahmen für Erdbeben sowie Extremwetter verschärft (dazu vorstehend Rz. 39 ff.). Daraus ergibt sich eine gegenüber dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme des KKL veränderte Risikolage hinsichtlich nuklearer Auswirkungen, die eine umfassende, grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung beim Übergang in den Langzeitbetrieb erforderlich macht. 

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Fussnoten

[33] Vgl. im Allgemeinen INRAG, Risiken von Laufzeitverlängerungen alter Atomkraftwerke, April 2021, Revision 4, S. 174 ff. (Zusammenfassung) und S. 178 ff. (Schlussfolgerungen).

[34] Siehe dazu die Website des Bundesamts für Statistik, abrufbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung.assetdetail.23104109.html.; vgl. zur Entwicklung der Bevölkerungszahlen und -verteilung um den Standort auch die Sicherheitstechnische Stellungnahme zur PSÜ 2016 des KKL, Ziff. 2.1.5, S. 2-5. Die PSÜ hat offenbar keine belastbaren Aussagen zur Machbarkeit von Schutzmassnahmen angesichts der höheren Bevölkerungsdichte gemacht. Diese Lücke ist durch die geforderte UVP zu schliessen.

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d. Nukleare Risiken des Langzeitbetriebs aufgrund ungenügender Auslegung gegen terroristische Angriffe

  1. Die bestehenden Altanlagen, darunter auch das KKL, sind nicht gegen Terroranschläge, kriegerische Ereignisse[35] oder Cyber-Angriffe ausgelegt. Namentlich wurden bei der Auslegung gezielte Abstürze heute üblicher Verkehrsflugzeuge nicht berücksichtigt[36]. So kann im Falle eines schweren, die heutige Auslegung des KKL überschreitenden Flugzeugabsturzes nicht ausgeschlossen werden, dass es zum Versagen der Sicherheitshülle und auch zur Beschädigung der darunter liegenden inneren Gebäudestrukturen kommen kann. Dabei können auch Beschädigungen des Reaktorkühlsystems oder der Brennelementbecken nicht ausgeschlossen werden[37]. Gegenüber dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme liegt damit eine veränderte Risikolage vor, welche ebenfalls eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung beim Übergang in den Langzeitbetrieb indiziert. 

e. Weitere radiologische Auswirkungen des Langzeitbetriebs

  1. Durch den Weiterbetrieb des KKL fallen zusätzliche radioaktive Abfälle an[38]. Insbesondere kommen weitere abgebrannte Brennelemente hinzu. Diese müssen während Jahren abklingen, bevor sie dereinst in Endlagerbehälter verpackt und in ein geologisches Tiefenlager verbracht werden können, in dem sie für eine Million Jahre verwahrt werden müssen. Hochradioaktive Abfälle werden in der Schweiz als massive Umweltbelastung angesehen. Dies ergibt sich daraus, dass gemäss den offiziellen Ökobilanzdaten des Bundes pro kWh Atomstrom 674 Umweltbelastungspunkte (UBP) anfallen, während Wind- und PV-Strom lediglich zwischen 110 und 220 UBP/kWh verursachen[39]. Sowohl das Zwischenlager als auch die geplante Verpackungsanlage sowie der bereits festgelegte Tiefenlagerstandort befinden sich in Grenznähe. Auch in dieser Hinsicht ist der Langzeitbetrieb des KKL somit mit erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen verbunden, womit auch insoweit eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

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Fussnoten

35] Zum mangelnden Schutz gegenüber kriegerischen Ereignissen auch die Antwort des Bundesrates vom 17. August 2022 (Ziff. 1) zur Interpellation 22.3443 von Nationalrätin Martina Munz, abrufbar unter: www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20223443.

[36] Vgl. INRAG, a.a.O., Ziff. 3.8.3, S. 37 ff.; ferner auch ENSI, Mitteilung vom 28. September 2021 «Gemeinsames Interesse am Schutz sensibler Daten: Warum das ENSI zum terroristischen Flugzeugabsturz nur wenig sagen darf», abrufbar unter: https://www.ensi.ch/de/2021/09/28/gemeinsames-interesse-am-schutz-sensibler-daten-warum-das-ensi-zum-terroristischen-flugzeugabsturz-nur-wenig-sagen-darf/.

[37] Vgl. Prof. Dr. Manfred Mertins, a.a.O, Ziff. 6.5.1, S. 106 ff. mit Verweisen.

[38] Vgl. zu den «erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen» des Langzeitbetriebs mit Bezug auf die zusätzliche Produktion radioaktiver Abfälle auch Rechtsgutachten, S. 17, ferner S. 21 mit Verweis auf die Schlussanträge der zuständigen Generalanwältin betreffend die Laufzeitverlängerung der AKW Doel-1 und Doel-2 im Verfahren vor dem EuGH (Urteil vom 29. Juli 2019, C-411/17).

[39] Ökobilanzdaten im Baubereich / Baumaterialien, abrufbar unter: https://www.kbob.admin.ch/kbob/de/home/themen-leistungen/nachhaltiges-bauen/oekobilanzdaten_baubereich.html.

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f. Nicht radiologische Auswirkungen des Langzeitbetriebs

  1. Von den nicht-radiologischen Umweltauswirkungen des Langzeitbetriebs sind insbesondere diejenigen auf Oberflächengewässer zu erwähnen[40].  

  2. Pro Sekunde werden für den Betrieb des KKL bzw. die Kühlung mittels Kühlturm dem Rhein bis zu 3.5 m3/s Wasser entnommen[41]. Der Langzeitbetrieb des KKL wirkt sich insbesondere auf die Ziele einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserkette (Aufrechterhaltung einer suboptimalen Situation in Bezug auf nachhaltige Bewirtschaftung), der Vermeidung von Dürre (Aufrechterhaltung eines begrenzten Austrocknungseffekts) sowie der nachhaltigen Wasserversorgung (keine Bemühungen/Pläne für eine stärker kreislauforientierte Wassernutzung) negativ aus, womit der Langzeitbetrieb auch unter diesem Aspekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung indiziert.

3.1.2.6 Zwischenfazit

  1. Nach dem Gesagten erfüllt der Langzeitbetrieb des KKL sämtliche Anforderungen, die im Sinne der neuen «Guidance» eine Unterstellung unter das Espoo-Übereinkommen und damit eine UVP implizieren. Beim Langzeitbetrieb handelt es sich um eine «lifetime extension», die als wesentliche Änderung einer Anlage («major change to an activity») der Entscheidung einer zuständigen Behörde nach dem geltenden innerstaatlichen Recht unterliegt («subject to a decision of a competent authority in accordance with an applicable national procedure») und wahrscheinlich erhebliche, grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen zur Folge hat («is likely to cause significant adverse transpoundary impacts»). Damit besteht für die Schweiz eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb, an der die Öffentlichkeit umfassend und wirksam zu beteiligen ist.

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Fussnoten

[40] Vgl. zu den «erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen» des Langzeitbetriebs mit Bezug auf die zusätzliche Entnahme und Einleitung von Kühlwasser auch Rechtsgutachten, S. 17.

[41] BBl 2022 1036, Kernkraftwerk Leibstadt: Gesuch um punktuelle Anpassung der Betriebsbewilligung und um Erlass von Zwischenverfügungen in Sachen Fischschutz, abrufbar unter: https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2022/1036/de.

Offenbar will das KKL mit der Bewilligung zusätzlich erwirken, dass die maximale Temperatur für die Einleitung von Kühlwasser künftig von 30 auf 33 Grad erhöht wird (nachzuhören im Beitrag von SRF: https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/akw-leibstadt-will-auch-weiterhin-wasser-aus-dem-rhein-verwenden?id=12201245). Auch dies wirkt sich auf das Ziel einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserkette und darüber hinaus auch auf die Unterwasserflora und -fauna nachteilig aus.

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  1. Unter dem Blickwinkel von Art. 2 bzw. 8 EMRK handelt es sich bei der völkerrechtlichen Pflicht zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP um eine positive Schutzpflicht des Staates. Die völkerrechtliche Verpflichtung indiziert, dass mit dem Langzeitbetrieb ein ernsthaftes und substantielles Risiko für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen verbunden ist, welches vorgängig im Rahmen einer UVP zu evaluieren und abzuschätzen und gegebenenfalls durch geeignete Schutzmassnahmen zu verhindern bzw. zu begrenzen ist (zur Rechtsprechung des EGMR vorstehend Rz. 12 f.). Zum Schutz ihres Rechts auf Leben gemäss Art. 2 EMRK und ihres Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK können sich die betroffenen Gesuchstellenden unmittelbar auf diese staatliche Schutzpflicht berufen und deren Einhaltung bzw. Durchsetzung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens individuell einfordern (vgl. vorstehend Ziff. 3.1.1).  

3.1.2.7 Konsequenzen für die Schweiz

  1. Aus der Anwendung des Espoo-Übereinkommens auf den Langzeitbetrieb des KKL ergeben sich für die Schweiz folgende Verbindlichkeiten:

  2. Die Schweiz als Ursprungspartei (vgl. Art. 1 Ziff. 2 Espoo-Übereinkommen) hat sicherzustellen, dass eine UVP entsprechend dem Übereinkommen durchgeführt wird, bevor das KKL in den Langzeitbetrieb übergeht (vgl. Art. 2 Abs. 3 Espoo-Übereinkommen). Zu diesem Zweck hat sie die betroffenen Nachbarstaaten (vgl. Art. 1 Ziff. 3 Espoo-Übereinkommen) rechtzeitig über den geplanten Langzeitbetrieb in Kenntnis zu setzen (vgl. Art. 2 Abs. 4 und Art. 3 Espoo-Übereinkommen) und der Öffentlichkeit in den voraussichtlich betroffenen Gebieten Gelegenheit zu geben, bei der UVP mitzuwirken (vgl. Art. 2 Abs. 6 Espoo-Übereinkommen). Die Öffentlichkeit muss die Möglichkeit haben, zum Vorhaben Stellung zu nehmen und Einwände vorzubringen (vgl. Art. 3 Abs. 8 Espoo-Übereinkommen). Vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb hat sich die Schweiz mit den betroffenen Staaten namentlich über mögliche Alternativen zum Langzeitbetrieb, einschliesslich des Verzichts auf den Langzeitbetrieb, sowie über mögliche Massnahmen zur Abschwächung der Umweltauswirkungen und zur Überwachung der Folgen solcher Massnahmen zu beraten (vgl. Art. 5 Espoo-Übereinkommen). Beim endgültigen «Entscheid» über den Langzeitbetrieb sind das Ergebnis der UVP, einschliesslich der Dokumentation zur UVP, sowie die eingegangenen Stellungnahmen und Einwände der Öffentlichkeit und das Ergebnis der Beratung mit den betroffenen Nachbarstaaten angemessen zu berücksichtigen (vgl. Art. 6 Espoo-Übereinkommen). 

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  1. Inhalt und Umfang der UVP sind in Art. 2 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II des Espoo-Übereinkommens geregelt. Demnach hat die Dokumentation zur UVP unter anderem mindestens eine Beschreibung der Umwelt, die durch das Vorhaben voraussichtlich erheblich betroffen wird, der möglichen Umweltauswirkungen des Vorhabens und seiner Alternativen sowie eine Abschätzung ihres Ausmasses und eine Beschreibung der Massnahmen zur Reduzierung der nachteiligen Umweltauswirkungen auf ein Minimum zu enthalten.  

  2. Aus den im Anhang II aufgeführten Mindestanforderungen des UVP-Berichts wird deutlich, dass im Rahmen einer UVP nach dem Espoo-Übereinkommen sämtliche möglichen Umweltauswirkungen einzubeziehen sind. Ausnahmen sind völkerrechtlich nicht vorgesehen und die Schweiz hat bei der Ratifizierung des Übereinkommens auch keinen entsprechenden Vorbehalt angebracht. Eine Beschränkung der UVP namentlich auf nichtnukleare Aspekte, wie es innerstaatlich aufgrund von Art. 3 Abs. 2 USG vorgesehen ist, ist damit völkerrechtlich unzulässig und folglich auch gegen Art. 2 bzw. Art. 8 EMRK verstossend[42].

  3. Gemäss der «Guidance» hat die Beurteilung der Umweltauswirkungen im Rahmen einer UVP anhand aktueller wissenschaftlicher Grundlagen und unter Berücksichtigung international anerkannter Sicherheits- und Umweltstandards zu erfolgen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Vorsorgeprinzip zu (vgl. Guidance», IV.B.1, Nr. 62 f.)[43].

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Fussnoten

[42] Dies ergibt sich auch aus der «Guidance», wonach insbesondere auch mögliche Auswirkungen von Unfällen zu berücksichtigen sind (vorstehend Rz. 44).

[43] In der bereits zitierten Studie der INRAG «Risiken von Laufzeitverlängerungen alter Atomkraftwerke», April 2021 (Fn. 31), wird ein umfassendes Genehmigungsverfahren gefordert, in dem alle Sicherheitsfragen umfassend nach dem aktuellen Erkenntnisstand geprüft werden, sowie namentlich die Erstellung eines Risikoberichts, der eine Darstellung und Gesamtbewertung zu allen Abweichungen vom aktuellen Stand von Wissenschaft und zu den verbleibenden Risiken in nachvollziehbarer Weise enthält (Ziff. 8.4 f., S. 176 ff.).

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3.1.3    Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention)

  1. Die Aarhus-Konvention, die für die Schweiz am 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist, beruht auf den drei Pfeilern «Umweltinformation», «Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidungsverfahren» und «Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten».

  2. Gemäss Art. 6 Abs. 6 der Aarhus-Konvention ist der betroffenen Öffentlichkeit in einem umweltbezogenen Entscheidungsverfahren Zugang zu allen relevanten Informationen zu gewährleisten, wozu namentlich eine Beschreibung der erheblichen Auswirkungen der geplanten Tätigkeit auf die Umwelt sowie eine Beschreibung der zur Vermeidung und/oder Verringerung der Auswirkungen vorgesehenen Massnahmen gehört. Zu diesem Zweck ist vorgängig eine UVP durchzuführen[44]. Die Öffentlichkeit ist überdies frühzeitig, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offenstehen, über die geplante Tätigkeit und die relevanten Umstände zu informieren und es ist ihr Gelegenheit zu geben, Anträge und Stellungnahmen einzureichen (Art. 6 Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 7 Aarhus-Konvention). Das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung ist alsdann bei der Entscheidfindung angemessen zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 8 Aarhus-Konvention).

  3. Art. 6 der Aarhus-Konvention findet Anwendung bei Entscheidungen («decisions») über die in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten («proposed activities»; vgl. Art. 6 Abs. 1 Bst. a Aarhus-Konvention). Unter Anhang I fallen namentlich Kernkraftwerke und andere Kernreaktoren, einschliesslich der Demontage oder Stilllegung solcher Kraftwerke oder Reaktoren (Anhang I Nr. 1 Spiegelstrich 5). Erfasst ist sodann jede Änderung oder Erweiterung von Tätigkeiten, wenn sie für sich betrachtet die Kriterien/Schwellenwerte im Anhang I erreicht (Anhang I Nr. 22).

  4. Wie im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des Espoo-Übereinkommens aufgezeigt, handelt es sich beim Langzeitbetrieb des KKL völkerrechtlich betrachtet um eine wesentliche Änderung einer Anlage, die der Entscheidung einer zuständigen Behörde unterliegt (dazu vorstehend Ziff. 3.1.2.6). Vor diesem Hintergrund und im Sinne des Grundsatzes der einheitlichen Rechtsanwendung ist der Langzeitbetrieb unter Art. 6 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Anhang I Nr. 1 bzw. Nr. 22 Aarhus-Konvention zu subsumieren und folglich auch der UVP-Pflicht nach der Aarhus-Konvention zu unterstellen[45].

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Fussnoten

[44] Vgl. Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung der Aarhus-Konvention und von deren Änderung vom 28. März 2012, BBl 2012 4323, S. 4344.

[45] In diesem Sinne argumentierte etwa die Generalanwältin im Rahmen ihrer Schlussanträge im Verfahren vor dem EuGH betreffend die Laufzeitverlängerung der AKW Doel-1 und Doel-2 (Urteil vom 29. Juli 2019, C-411/17; Quelle: Wagner/Grabmair, Die Pflicht zur Durchführung von grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Laufzeitverlängerungen und Betriebsgenehmigungsverlängerungen bezüglich der Atomkraftwerke Dukovany und Temelin sowie der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten, Studie Johannes Kepler University Linz, Oktober 2019, S. 17 ff.).

Seite 26

  1. Zum gleichen Ergebnis führt die Anwendung von Art. 6 Nr. 10 Aarhus-Konvention, wonach bei einer durch eine Behörde vorgenommenen «Überprüfung oder Aktualisierung der Betriebsbedingungen» für eine in Art. 6 Abs. 1 genannte Tätigkeit die Absätze 2–9 von Artikel 6 «sinngemäss» und «soweit dies angemessen ist» Anwendung finden[46]. Mit dem Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb im Rahmen der 4. PSÜ bzw. allfälligen sicherheitstechnischen Forderungen des ENSI oder gar freigabepflichtigen Änderungen geht eine «Überprüfung oder Aktualisierung der Betriebsbedingungen» einher, die unter Art. 6 Nr. 10 Aarhus-Konvention zu subsumieren ist und die Einhaltung der in Art. 6 Abs. 2–9 festgelegten Verfahrensgrundsätze erfordert.

  2. Nach dem Gesagten besteht für den Langzeitbetrieb des KKL eine UVP-Pflicht auch nach Massgabe der Aarhus-Konvention. Die Schweiz ist völkerrechtlich zur Einhaltung der entsprechenden Verfahrensbestimmungen verpflichtet, worauf sich die betroffenen Gesuchstellenden zum Schutze ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) unmittelbar berufen können. 

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Fussnoten

[46] Im Falle des niederländischen KKW Borssele kam das «Compliance Committee» zum Schluss, die Anwendung von Art. 6 auf Laufzeitverlängerung von KKW sei – von Ausnahmen abgesehen – «appropriate» (Findings and recommendations with regard to communication ACCC/C/2014/104 concerning compliance by the Netherlands, adopted by the Compliance Committee on 4 October 2018, Rz. 71).

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3.2 Innerstaatliche Umsetzung / Massgebliches Verfahren

3.2.1 Völkerrechtskonforme Auslegung von Art. 65 Abs. 2 KEG

  1. Um die aus dem Völkerrecht erwachsenden Verpflichtungen zu erfüllen bzw. innerstaatlich umzusetzen (vgl. auch Art. 5 Abs. 4 BV), ist eine völkerrechts- bzw. staatsvertragskonforme Auslegung des Landesrechts geboten (vgl. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., Rz. 162).

  2. Nach schweizerischem Rechtsverständnis ist die UVP kein eigenständiges Verfahren, sondern Bestandteil eines Bewilligungs- bzw. Genehmigungsverfahrens (vgl. Art. 10a ff. USG; Art. 5 Abs. 2 UVPV). Für die Errichtung von Kernkraftwerken ist als massgebliches Verfahren in einer ersten Stufe das Rahmenbewilligungsverfahren und in einer zweiten Stufe das Baubewilligungsverfahren vorgeschrieben (vgl. Anhang UVPV Ziff. 21.1). Für wesentliche Abweichungen von der Bau- bzw. Betriebsbewilligung, die einer Änderung der Bewilligung bedürfen, gilt das Bau- bzw. Betriebsbewilligungsverfahren als massgebliches Verfahren (Art. 65 Abs. 2 KEG). 

  3. Wie ausgeführt, ist der Langzeitbetrieb im Lichte des Espoo-Übereinkommens und der Aarhus-Konvention als «wesentliche Abweichung von der Bau- bzw. Betriebsbewilligung» (zum Vorliegen eines «major change to an activity» im Sinne des Espoo-Übereinkommens vorstehend Ziff. 3.1.2.3) und damit als bewilligungspflichtiger Vorgang zu qualifizieren. Die völkerrechtskonforme Auslegung von Art. 65 Abs. 2 KEG führt folglich dazu, dass die grenzüberschreitende UVP im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens nach Massgabe von Art. 15 ff. KEG bzw. Art. 19 ff. KEG durch das zuständige UVEK durchzuführen ist (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 6a Abs. 2 UVPV; zur Zuständigkeit vorstehend Ziff. 2.2).

3.2.2 Anwendung von Art. 25a VwVG

  1. Sollte das UVEK den Übergang in den Langzeitbetrieb nicht als bewilligungspflichtigen Vorgang im Sinne von Art. 65 Abs. 2 KEG qualifizieren (vgl. aber Art. 65 Abs. 5 KEG, wonach im Zweifelsfall eine anfechtbare Verfügung zu erlassen ist), sondern von einem blossen Realakt ausgehen, so wäre die völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP mittels Verfügung über sog. Realakte durchzusetzen (vgl. Art. 25a VwVG).

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  1. Art. 25a VwVG erfasst nicht nur staatliches Handeln, sondern auch Unterlassungen. Soweit die zuständige Behörde zu einer Handlung spezifisch verpflichtet ist und die Unterlassung dem öffentlichen Recht des Bundes zuwiderläuft, kann auch ein positives Tun verlangt werden (Häner, in: Waldmann/Krauskopf, Praxiskommentar VwVG, Art. 25a Rz. 11 mit weiteren Hinweisen).

  2. Wie aufgezeigt, besteht eine individuell durchsetzbare völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang des KKL in den Langzeitbetrieb (vorstehend Ziff. 3.1). Die (beabsichtigte) Nichtdurchführung eines solchen Verfahrens stellt eine widerrechtliche Unterlassung dar. Zur Beseitigung dieser widerrechtlichen Unterlassung ist durch das zuständige UVEK (dazu vorstehend Ziff. 2.2) mittels Verfügung (vgl. Art. 25a Abs. 2 VwVG) die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb anzuordnen (vgl. Art. 25a Abs. 1 lit. a VwVG; zum Rechtsschutzinteresse bzw. zur Legitimation der Gesuchstellenden vorstehend Ziff. 2.3).

  3. Für den Fall, dass die Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP vor dem Übergang in den Langzeitbetrieb per Ende 2024 zeitlich nicht mehr möglich sein sollte, ersuchen die Gesuchstellenden um Feststellung, dass eine Pflicht zur Durchführung einer grenzüberschreitenden UVP besteht bzw. dass die Nichtdurchführung eines solchen Verfahrens widerrechtlich ist (vgl. auch Art. 25a Abs. 1 lit. c VwVG). In diesem Fall ist die grenzüberschreitende UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung so rasch als möglich nachzuholen.

Vor diesem Hintergrund ersuchen wir Sie höflich um Gutheissung des vorliegenden Gesuchs. Aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit bitten wir um rasche Behandlung.